Rezension

Jay-Z

The Blueprint 3


Highlights: D.O.A. (Death Of Autotune) // Empire State Of Mind // Already Home // On To The Next One
Genre: Rap
Sounds Like: Nas // Kanye West // Lupe Fiasco // Kid Cudi

VÖ: 11.09.2009

Es ist ja fast immer das gleiche mit den kulturellen Erzeugnissen, die im volldigitalisierten Zeitalter schon vor offizieller Veröffentlichung ihre Runden in den Gefilden des Web 2.0 drehen und schon bald an die Oberfläche des digitalen Mainstreams gelangen: Gerüchte werden gestreut, Erwartungen geschürt, der rechtmäßige Urheber schon lange vorher zum Messias erkoren. Ist das heißersehnte Werk dann endlich offiziell zu haben, kümmert sich entweder niemand mehr drum oder aber, wie in diesem Fall, muss man dann feststellen, dass auch hier (meist) nur mit Wasser gekocht wird. Bei Jay-Z und seinem, zugegeben unglücklich betitelten, “Blueprint 3” ist das nicht anders. So schnell jedoch das Wie der audio-kulinarischen Zubereitung geklärt ist, so dringender und wichtiger wird dann das tiefergehende, auf dem Gaumen zergehende Was.

Dass Jay-Z seit HipHop-Meilensteinen wie dem fantastischen “Blueprint 1” (deswegen übrigens “unglücklich betitelt”) und dem “Black Album” nichts mehr beweisen muss, dürfte jedem klar sein, der sich auch nur peripher mit der Rapszene der letzten Jahre beschäftigt hat. Ebenso wie die Tatsache, dass genrefremden Größen, die selbst im eigenen Genre an Kredibilität zu verlieren drohen, gerne durch eine Kollabo mit Jay-Z neuer Wind unter die erlahmten Flügel geeepustet wird. Das hat bereits die Zusammenarbeit mit Linkin Park bewiesen und ob dieser Glücksfall auch auf die Jungs von Empire Of The Sun zukommt, wird sich zeigen. Deren Luke Steele jedenfalls assistiert dem Großmeister beim respektablen Einstieg in diese Platte. In “What We Are Talkin`About” klärt Jay-Z auch gleich mal die Fronten: der alte Mann (Hold Up, pardon my back) weiß wovon er redet, im Gegensatz zu all den anderen Hipster-Rappern (I ain't talkin' bout gossip, I ain't talking bout Game, I ain't talkin' bout Jimmy I ain't talkin' bout Dame I'm talkin' bout real shit Dem People sayin'). Denen zeigt er dann auch in “D.O.A. (Death Of Autotune)” gleich mal was Rap bedeutet. Die Hosen sind zu eng, die Farben zu bunt, da hier ist nicht für iTunes und nicht für Sing-Alongs und überhaupt: Tod dem Klingelton und Tod dem Autotune. Diesen “clash of attitudes” unterstützt No I.D. Passend mit schleppenden, atmosphärischen Old-School-Beats im Dauerloop. Dass ausgerechnet auf diesen, vielleicht besten Track der Platte, das in eben die Klingelton-Kerbe schlagende “Run This Town” mit den unnötigen und viel zu präsenten Gossip-Darlings Kanye West und Rihanna, folgt, ist ärgerlich. Im Grunde kein schlechter Song (so der Befund vor dem ersten Hördurchgang der gesamten Platte), fällt er doch im Kontext von “Blueprint 3” stark ab. Dann jedoch breiten leichte, hintergründige Dub-Beats den Teppich für die unwiderstehliche Kollabo mit der vielleicht besten schwarzen Stimme dieser Tage aus -Große Gesten des R'n'B und Soul, die Alicia Keys hier beisteuert.

Bis hierher ist die Vorspeise schon durchaus gelungen. Und um mal die, zugegeben etwas holprige, Metapher des Kochens aufzulösen: Insgesamt wirkt Jay-Z wie ein Ziehvater, ein guter Einfluss auf Rapper und Künstler, die sonst eher durch Inspirationslosigkeit und musikfremde Gerüchte auf sich aufmerksam machen. Wie ein routinierter Spielmacher nimmt er so Young Jeezy oder J. Cole an die Hand und führt sie zu neuen Qualitäten. Selbst der vom Autor weitestgehend ignorierte, größenwahnsinnige Kanye West wirkt neben dem Großen noch wie ein Zögling, unter dessen Einfluss er in die richtige Richtung gedeiht. In dieser Reihe darf natürlich Kid Cudi nicht fehlen, dessen Debüt hierzulande zeitgleich mit “The Blueprint 3” erscheint und der, als wolle er nochmal ordentlich Promo droppen, einen Flow in “Already Home” reinwirft, der selbst Jay-Z nochmal zu Höchstleistungen anspornt.

Qualitativ pendelt “Blueprint 3” irgendwo zwischen “mindestens so gut wie weitläufig erwartet” und “schwächer als die eingangs erwähnten "Blueprint 1" bzw "Black Album”". An jenen sollte sich Jay-Z aber ohnehin nicht messen lassen.

Andreas Peters

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!