Rezension
Jake Bugg
Jake Bugg
Highlights: Lightning Bolt // Seen It All // Simple As This // Broken
Genre: Singer-Songwriter // Folk // Britpop
Sounds Like: Donovan // The Tallest Man On Earth // Oasis
VÖ: 25.01.2013
Musik losgelöst von ihrem Kontext zu betrachten, ist manchmal gar nicht so einfach. So lässt man sich als Rezensent gerne mal von einer tragischen oder auf sonst irgendeine Weise vermeintlich außergewöhnlichen Entstehungsgeschichte zu einer Platte beeinflussen, wenn der dazugehörige Promotext sie einem nur gewieft und glaubwürdig genug vorzugaukeln weiß. Oder man hat plötzlich weitaus größeren Respekt vor einem Künstler, schlicht weil man beispielsweise erfährt, dass er einen Großteil seiner Musik frei improvisiert oder ausschließlich live und völlig ohne Begleitband oder Overdubs einspielt. Solches Hintergrundwissen, sei es nun tatsächlich wahr oder vom Label bewusst konstruiert, lässt sich nie so recht abschütteln. Schon gar nicht bei Künstlern wie Jake Bugg, die monatelang durch die Musikpresse geistern und für solches Aufsehen sorgen, dass man ihnen kaum entgehen kann.
Aus diesem Grund kommt man wohl auch nicht umhin, Jake Buggs gleichnamigem Debütalbum wohlwollender gegenüberzustehen, als man dies vermutlich tun würde, wenn man dem jungen Briten gänzlich unbedarft lauschen könnte. Denn, objektiv betrachtet, ist das Album eigentlich nicht mehr – aber auch nicht weniger – als eine Sammlung netter, sehr simpel gehaltener Folk/Rock-Songs, die sich durch ihre einfache Struktur und wenigen Akkorde zwar schnell im Ohr einnisten, für sich genommen aber nicht wirklich erklären, weshalb Bugg von Größen wie Noel Gallagher als die große neue Singer/Songwriter-Hoffnung Großbritanniens proklamiert wird. Wenn man sich jedoch dessen bewusst ist, dass der Kerl gerade mal unverschämte 17 Jahre jung war, als er mit diesen Songs auf dem Glastonbury Festival 2011 das erste Mal auf sich aufmerksam machte, kann man einfach nicht anders, als tief beeindruckt zu sein.
Denn wer noch derart grün hinter den Ohren ist und von der großen Musikerkarriere träumt, versucht sich in der Regel erst vor einer unbarmherzigen Castingshow-Jury, bevor er mit etwas Glück als Fünftplatzierter ausscheidet und ihm Monate später die zweifelhafte Ehre des Dschungelkönig-Titels zuteil wird. Jake Bugg hingegen schlug einen ganz anderen und doch so viel naheliegenderen Weg ein: Er schaute sich einfach bei seinen eigenen musikalischen Helden ab, wie man gute Songs schreibt. Dabei besann er sich nicht etwa auf Coldplay oder Radiohead, wie man es von einem solchen Jungspund aus Nottingham vielleicht erwarten würde, sondern offenbar vielmehr auf Dylan und Donovan. So atmet der angenehm kratzige Sound seines Debüts insbesondere in den eher ruhigen Songs – der melancholischen Lagerfeuer-Ballade „Country Song“, dem unmerklich zu einem ganz wundervollen Crescendo anschwellenden „Broken“ oder auch der nach einem unheilvoll-düsteren Western klingenden „Ballad of Mr Jones“ – unverkennbar den Geist der 60er Jahre.
In Uptempo-Nummern wie dem stürmischen Opener „Lightning Bolt“ oder auch „Two Fingers“ schimmert aber auch immer wieder seine Affinität zu Britpop à la Oasis und den Arctic Monkeys durch, was für durchaus willkommene Abwechslung sorgt, denn auf Albumlänge ist „Jake Bugg“ dann eben doch ein wenig zu simpel und homogen geraten. Nur so richtig ankreiden mag man dies dem mittlerweile 19-Jährigen nicht. Ganz im Gegenteil, möchte man ihm vielmehr hoch anrechnen, dass er sich damit im Grunde einfach bloß darauf beschränkt, was er am besten kann und sich auch in seinen Texten zumeist angenehm unprätentiös gibt. Und selbst wenn man dann mal doch über Lyrics wie „I drink to remember / I smoke to forget / Some things to be proud of / Some stuff to regret“ stolpert, die deutlich mehr Lebenserfahrung suggerieren, als tatsächlich dahinter steckt, nimmt man sie mit einem amüsierten Lächeln hin. Schließlich hat man in dem Alter doch wirklich noch Welpenschutz verdient, oder?
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