Rezension
Jagwar Ma
Howlin'
Highlights: Uncertainty // Four // Exercise
Genre: Madchester // Electro-Rock // Psychedelic
Sounds Like: Happy Mondays // Primal Scream // Yeasayer
VÖ: 14.06.2013
Das Debüt-Album der beiden Australier Jono Ma und Gabriel Winterfield, die unter dem Namen Jagwar Ma gemeinsam Musik produzieren, die sehr an die Happy Mondays und Konsorten erinnert, war schon vor seiner Veröffentlichung in aller Munde. The XX und die Foals sind große Fans, ebenso wie Noel Gallagher, der sogar so weit geht zu behaupten, das Album „Howlin'“ sei wichtiger als eine Oasis-Reunion. Doch dieser Hype birgt natürlich auch seine Gefahren, allzu leicht kann es passieren, dass das eigentlich Wichtige dabei in den Hintergrund gerät: die Musik! In einem neulich im Online-Magazin Warhol's Children erschienenen Interview weist Winterfield auf diese Gefahr hin und betont: „We’re not the second coming of anything, we’re just two dudes.“
Okay, also nur zwei Typen. Die Musik machen. Sonst nichts. Konzentrieren wir uns auf das Wesentliche und schauen es uns einmal genauer an. Zeitlich und räumlich könnten Jagwar Ma kaum entfernter sein vom „Madchester“-Rave der frühen Neunziger-Jahre. Und doch erinnert ihre Art, Gitarrenrock und Electro, Acid House und Brit-Rock zusammenzuführen, erstaunlich an diese musikalische Bewegung, die vor einem Vierteljahrhundert die Musikwelt kurz, aber heftig durcheinander gewirbelt hat. „Howlin'“ ist jedoch wesentlich mehr als ein einfaches Revival. Die Einflüsse sind zahlreicher, es geht eher um Frauen denn um Drogen und die stilistische Vielfalt der verschiedenen Stücke ist beeindruckend. Jeder einzelne Song oder Track – so ganz sicher über die adäquate Bezeichnung kann man sich im Fall von Jagwar Ma nur selten sein – wirkt als solcher. Im Albumkontext jedoch entfaltet sich die Vielschichtigkeit der Band erst wirklich. Die zahlreichen Schichten, aus denen sich etwa „What Love“ oder „Exercise“ auftürmen, korrespondieren mit der Machart des Albums, das darauf beruht, unterschiedliche Stile zu einem homogenen Gesamten zusammenzubringen, ohne dabei die Vielfalt der einzelnen Teile zu vernachlässigen. Besonders spannend ist etwa der Übergang vom eher technoiden und definitiv clubtauglichen Track „Four“, der in das retro-poppige „Let Her Go“ hinüber fließt. Der (stilistische) Break wird hier nicht nur als Grenze verstanden, sondern es wird vielmehr betont, dass diese immer auch eine Berührungsstelle darstellt. Wenn beispielsweise bei „Exercise“ nach anderthalb Minuten eine Klaviermelodie die Beats bereichert oder nach knapp zweieinhalb Minuten ein Sample zwitschernder Vögel einen Turn in Richtung Jungle einleitet, finden wir dieses Prinzip auch in der Mikrostruktur.
Hier ist es dann sogar zu verschmerzen, dass die Texte größtenteils eher trivial sind und als schmückendes Beiwerk daherkommen. Die Zeilen aus „Uncertainty“, denen auch der Albumtitel entspringt, beschreiben zumindest die Stimmung auf „Howlin'“: How can you how can you look so gloomy / When you’re gloomy / Howlin’ looks so good to me. Das Geheul kommt jedoch nicht aus der Depression, sondern ist lediglich Strategie, die Stille zu übertönen. Bezüge zu William S. Burroughs und Allen Ginsberg herzustellen, wäre vielleicht etwas aus der Luft gegriffen, bei der Raffinesse dieses Albums wäre es Ma und Winterfield jedoch auf jeden Fall zuzutrauen.
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