Rezension

Iron & Wine

Around The Well


Highlights: Hickory // Waitin’ For A Superman // Such Great Heights // Communion Cups & Someone’s Coat // The Trapeze Swinger
Genre: Folk // Singer-Songwriter
Sounds Like: Nick Drake // Elliott Smith // William Fitzsimmons // Matt Bauer // Sufjan Stevens

VÖ: 22.05.2009

Raritätensammlungen haben häufig einen etwas seltsamen Beigeschmack. Gibt es da wirklich so viel Material, das bei den Aufnahmen für Alben auf der Strecke blieb und es wirklich wert ist, auf einem eigenen Tonträger präsentiert zu werden? Und im Falle von Iron & Wines nun vorliegender Sammlung von Raritäten und B-Seiten handelt es sich dann tatsächlich um so viele Songs, dass nur eine Doppel-CD genug Raum bietet. Dies scheint in der Tat etwas anmaßend zu sein, allerdings ist Iron & Wine auch nicht nur ein gewöhnliches Musikprojekt, das sich in seinem Output auf in regelmäßigen Zeitabständen veröffentlichte Alben und EPs beschränkt. Dass Iron & Wine zu einem internationalen Phänomen wurde, ist nicht zuletzt seinen Coverversionen und Soundtrackbeiträgen zu verdanken. Und so ist natürlich auch das berühmte Postal-Service-Cover „Such Great Heights“ vertreten, mit dem der erste Teil von „Around The Well“ abschließt.

Auf der ersten CD bekommt man einen Einblick in Sam Beams intime Lo-Fi-Aufnahmen zu Zeiten von „The Creek Drank The Cradle“, und bei der ausgezeichneten Qualität der Songs auf diesem Album ist es nicht verwunderlich, dass einige hervorragende Stücke auf der Strecke blieben, die es verdient haben, nicht nur als mp3s durchs Netz zu geistern - sei es das mit dem für Sam Beam typischen Slide-Gitarren-Einsatz veredelte und wunderbar dahinfließende „Morning“, das luftige Stereolab-Cover „Peng! 33“ oder das bittersüße „Hickory“, in dem Sam Beam eine seiner traurigsten Geschichten preisgibt. Man ist schon ein wenig verwundert, wieso solche Perlen bisher noch nicht regulär veröffentlicht wurden. Eine besondere Erwähnung verdient außerdem die Interpretation von „Waitin’ For A Superman“, das mit einer solchen Leidenschaft vorgetragen wird, dass es dem Original der Flaming Lips in nichts nachsteht.

Nach den zahlreichen Highlights der ersten Hälfte dieser Raritätensammlung liegt die Vermutung nahe, dass Sam Beam sein bestes Material nun bereits verschossen hat. Das den zweiten Teil von „Around The Well“ eröffnende „Communion Cups & Someone’s Coat“ belehrt einen jedoch zu gleich eines besseren. Sam Beams helle Gitarrenpickings und die sanfte Begleitstimme von Schwester Sarah verleihen dem Song eine große Leichtigkeit, doch wie bei den meisten Songs von Iron & Wine ist auch hier der Hang zur Melancholie zu verzeichnen. „Belated Promise Ring“ zeigt die Entwicklung hin zum volleren Bandsound auf, wohingegen das unverschämt kurze „Homeward, These Shoes“ und das reduzierte New-Order-Cover „Love Vigilantes“ deutlich machen, dass Sam Beam nach wie vor mit den einfachsten Mitteln den direktesten Weg ins Herz des Hörers findet.

„Sinning Hands“ und die nachfolgenden Songs stehen schließlich für den letzten Schritt in der musikalischen Entwicklung von Iron & Wine, wie sie sich auch auf „The Sheperd’s Dog“ präsentieren. Die Songs sind vom Bandgefüge geprägt und die rhythmische Gestaltung rückt in den Vordergrund, wodurch diese Songs weniger prägnant daherkommen als die älteren Songs, zugleich aber durch das viefältige Instrumentarium eine differenziertere Gestaltung möglich wird, nach der Sam Beam schon immer zu streben schien. „Carried Home“ mit seinem elektronischen Outro gibt dann sogar noch einen Vorgeschmack, in welche Richtung Iron & Wine in Zukunft gehen könnten. Wie ließe sich eine solch umfassende Sammlung an Raritäten besser abschließen als mit Iron & Wines wohl wichtigstem Song in seiner bisherigen Karriere? Welch zentrale Bedeutung „The Trapaze Swinger“ für Sam Beam hat, unterstreicht die Tatsache, dass der Titel „Around The Well“ ein Zitat aus diesem Song ist.

„Around The Well“ präsentiert sich für eine Raritätensammlung außergewöhnlich stark. Eingefleischte Fans werden freilich einen Großteil der Songs schon kennen, die auf verschiedenen Wegen bereits zuvor veröffentlicht wurden, und natürlich ist bei einer solch umfassenden Sammlung auch der eine oder andere schwächere Song dabei. Dennoch macht „Around The Well“ durchaus Sinn, da die in dieser Form zusammengestellten Songs zugleich einen Überblick über die musikalische Entwicklung von Iron & Wine geben und man beim Hören dieser Sammlung auf so manchen Song aufmerksam wird, der es verdient hat, wahrgenommen zu werden.

Kilian Braungart

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