Rezension

Helmut

Polymono


Highlights: Overcome // Holiday
Genre: Frickel-Elektro-Pop
Sounds Like: Lalipuna // Bodi Bill // James Yuill

VÖ: 14.02.2014

Es ist kalt in den Straßen von Berlin. Ein eisiger Wind fegt um die Häuserecken. Doch in einer Unterführung haben sie ein halbwegs windstilles Plätzchen gefunden, eines, an dem viele Passanten vorüber ziehen. Passanten, die ihnen vielleicht eine Minute ihrer kostbaren Zeit widmen, im besten Fall sogar ein paar Münzen in den aufgeklappten Koffer werfen. Helmut und Monika schauen sich recht zufrieden an. Kein schlechter Tag war das heute. Es wird dunkel und es ist Zeit, sich bei einer Tasse Tee am Kohleofen aufzuwärmen. Monika packt ihre Posaune in den Koffer, Helmut verstaut seine Instrumente im Wanderrucksack. Der gleiche Rucksack, mit dem er aus Island hierher gekommen ist. Nur wenige Dinge brachte er mit. Das Wichtigste hatte er ohnehin im Kopf: Ideen für Songs, unendlich viele. Seitdem ist viel passiert. Ein paar Sätze Deutsch hat er gelernt, hat sich eingelebt, fühlt, dass die Stadt sein neues Zuhause ist.

Beim Tee spinnen sie herum, bauen Gedankenschlösser, wie das wohl wäre, mit dem, was einem am Herzen liegt, erfolgreich zu sein. Dass Helmut einige Monate später einen Riesenschritt weiter ist, kann er noch nicht ahnen. Da sitzt er im Tonstudio Keusgen und hat die Chance, im Rahmen des Haldern Pop Festivals allen seine vertrackten, langgezogenen, vielschichtigen Songs, die aus einer Unmenge von Loops bestehen und kein Ende zu finden scheinen, zu präsentieren.

"Hello! I´m Helmut and i´m from Iceland!" flüstert er schüchtern ins Mikrofon. Dass HELMUT gar nicht isländisch klingt und seine Aussprache ihn sogleich als Deutschen enttarnt, macht ihm nichts aus. Er spinnt seine Geschichte weiter. Er spinnt sie um seine Person, wie er auch seine Songs spinnt. Er verwebt Schicht um Schicht miteinander, wirft Melodien ein, verschachtelt diese gleich wieder, bringt allerhand Einflüsse ein, die in seinem Kopf umher wirbeln. Von Alt-J (Gitarre in "Sepi") über Bodi Bill (Stimme in "Holidays") zu Whitest Boy Alive (Tanzmelodie in "Same Same"), überall glaubt man bei Helmut Bruchstücke und Details zu entdecken, die man doch irgendwoher kennt. Auf dem Album klingen die Songs ganz anders als bei den Live-Auftritten. Das hat sein Produzent Marius Bubat (Coma) eingefordert, bis die Fetzen flogen. Aus den unverfolgbar langen, gedankenverlorenen Tracks sind nun kompaktere, auf den Kern reduzierte geworden, die sich wiederholt schön anhören lassen, auch wenn sie keine überraschenden Neuerfindungen sind. Posaunen gibt es auf "Polymono" keine zu hören. Dafür aber vielleicht den einen oder anderen Gedanken an Monika. Oder auch an das zauberhafte Island. Wer weiß das schon so genau. Wahrscheinlich nicht einmal Helmut selbst.

Marlena Julia Dorniak

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