Rezension

Hauschka

Abandoned City


Highlights: Elisabeth Bay // Pripyat // Craco
Genre: Experimental // Zeitgenössische Klassische Musik
Sounds Like: Nils Frahm // Peter Broderick // Phil Glass // John Cage

VÖ: 14.03.2014

Dinge, die nicht mehr gebraucht werden, landen in der Regel im Müll. Städte, die nicht mehr gebraucht werden, zu entsorgen, stellt sich dagegen schon etwas schwieriger dar. Statt eines kleinen Müllbergs bleiben meist verfallene Gebäude und menschenleere Urbanisationen zurück. Schätzungen zufolge existieren weltweit circa 2500 solcher sogenannten Geisterstädte, die meisten davon in Kalifornien, wo die Menschen im 19. Jahrhundert im Zuge des Goldrausches scharenweise an die Westküste der USA zogen, um ihr großes Glück zu suchen. Als sie dieses trotz großer Mühen und Anstrengungen jedoch nicht finden konnten, zogen sie weiter und überließen die Städte ihrem Schicksal.

Die Thematik verlassener Städte greift Volker Bertelman alias Hauschka nun in seinem neuen Album „Abandoned City“ auf. Dabei geht es dem Düsseldorfer jedoch keineswegs darum, diese Städte mithilfe seiner Klaviermusik wieder zum Leben zu erwecken. Vielmehr versucht Bertelman den Charme und die Stimmung, die von diesen verlassenen „Ghost Towns“ ausgeht, musikalisch einzufangen und auszudrücken.

Im Mittelpunkt steht dabei wiederum Hauschkas präpariertes Klavier, das er bei „Abandoned City“ um das Becken eines Kinderschlagzeugs erweitert hat, welches er nach einem Konzert von einem Zuschauer geschenkt bekam. Außerdem verwendet er auf seinem mittlerweile zwölften Album Holzsta?be, Filzkeile und verschiedene Tape-Sorten, um die Klavierklänge zu verfremden. Dazu kommen noch Bassdrum und Subbass. Mit diesen wenigen musikalischen Mitteln gelingt es Hauschka auf beeindruckende Art und Weise, die vorherrschende Stimmung dieser menschenverlassenen Städte zu offenbaren: Schönheit, Vergänglichkeit, Leere und Melancholie. Insgesamt klingt Hauschka auf „Abandoned City“ dabei aber wieder deutlich weniger experimentell als beispielsweise noch beim Vorgängeralbum „Salon Des Amateurs“. Vielmehr rückt hier das klassische Klavierspiel wieder vermehrt in den Vordergrund.

Besucht hat Hauschka übrigens keine der acht betitelten Städte auf seinem neuen Album, was für ihn aber auch nicht primär im Vordergrund seiner Arbeit stand. „Die Orte könnten auch erfunden sein, es geht um die Phantasien, die mit ihnen verbunden sind. Und die Frage: Empfinden andere ähnlich wie ich?“

Jeder kennt wahrscheinlich den ein oder anderen von Menschen verlassenen Ort. Und jeder kann sich zukünftig die Klänge von Hauschka in Erinnerung rufen, um herauszufinden, ob die eigenen Empfindungen getroffen werden. So oder so – „Abandoned City“ ist ein Album, das auch in belebten Städten wundervolle Gefühle auslösen kann.

Benjamin Schneider

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