Was für Gangster-Rap? Wenn sich meine Mutter mit der Kassiererin schon (rein theoretisch) über den Unterschied von Chabos und Babos unterhalten könnte, wie kredibel ist dann noch unser böser Onkel Hafti aus Offenbach? Nunja, während sich die Märchenonkel KayOne und Bushido noch auf Twitter beefen und Opa Savas noch nicht ganz eingesehen hat, dass es langsam Zeit ist, unserem Prinzchen Ekrem Bora die schon längst offerierte (der Klügere gibt nach, gell?) Hand zu reichen, erzählt der gute Haftbefehl auch auf „Russisch Roulette“ munter weiter Geschichten, die vielen Kollegen höchstens in ganz schlimmen Breaking-Bad-Alpträumen in den Sinn kämen. Und man kauft es ihm ab. Oder, um im Thema zu bleiben, Hafti ist halt „real“.

Drum macht er uns „Hurensöhnen“ auch im ersten Track direkt klar, was er so vom gängigen Konzept des „Beef“ hält („Was Beef? Lass die Kugeln reden!“). Alternativ schafft Haftbefehl es im Angesicht der Gefahr medialer Weichspülung, seine Straßenkredibilität zu wahren. Und ja, auch wenn es blasphemisch anmutet, aber in einer Mentalität wie sie dem großen Notorious B.I.G. eigen war, lässt der Offenbacher Jung seine Vergangenheit hinter sich und kleidet sie in authentische Gangster-Rap-Narrationen. Ganz nebenbei nimmt er die pickelige deutsche Mittelstandsjugend, Indie-Schreiberlinge und den ganzen Rest dieser plattenkaufenden Republik mit und setzt sich mal eben so auf Platz vier der deutschen Albumcharts fest – Hinter AC/DC, Herbert Grönemeyer und Pink Floyd. Jap, Gangster-Rap, Deutsch-Rap oder welches Etikett man auch immer aufkleben will, ist längst in Deutschland angekommen. Vom Bordstein zur Skyline quasi. Nur diesmal halt echt:

Habt ihr wirklich gedacht, Haft hat vergessen, woher er kam
Alles kleine Bushidos, so war die Lage, bevor er kam
Koksdealer, seit Knopfhosen von adidas
Jetzt wird's Haram, Dadash, gib ihnen den Klassiker
(„Ihr Hurensöhne“)

Haftbefehl mischt Rapdeutschland weiter auf. Anders als Casper oder Marteria und weit entfernt vom Pandamenschen Cro, doch mit einer mindestens ähnlichen Schlagkraft. Wer das nicht glaubt, sollte mal eben einen Blick auf die Feature-Liste der Deluxe-Version werfen: K.I.Z., Samy Deluxe, Sido, Marteria, Eko Fresh, Celo, Abdi, Motrip. Noch Fragen? Das hier ist jedenfalls noch lange nicht das Ende. Ihr werdet sehen: „Chabos, jetzt gibt's Heckmeck, bös“.

Andreas Peters

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