Rezension

GusGus

Arabian Horse


Highlights: Selfoss // Deep Inside // Over // Arabian Horse // Magnified Love
Genre: Dance // House // Urban Soul
Sounds Like: Hercules & Love Affair // Azari & III // Bloodgroup // Junior Boys

VÖ: 20.05.2011

Wenn es um den Titel des größten musikalischen Exportschlagers Islands geht, haben zwei Acts normalerweise die Nase klar vorne: Sigur Rós und Björk. Ab und zu wird dann noch der Name Gus Gus genannt. Damit verkauft man das Dance-Kollektiv eigentlich unter Wert, denn schon seit Mitte der 90er konnte man sich immer an der Spitze der elektronischen Musikbewegung halten und das ganz, ohne Scooter zu heißen. Dass der Aufmerksamkeits-Fokus zwischenzeitlich weggedriftet ist, haben sich Gus Gus durch inspirationslose Alben wie „Forever“ ein wenig selbst zuzuschreiben. Mit ihrem letzten Streich „24/7“ meldeten sie sich aber vor zwei Jahren wiedererstarkt zurück und „Arabian Horse“ soll da noch mal einen draufsetzen.

Von einem guten Dutzend Musikern zu Anfangszeiten (damals u.a. auch Emiliana Torrini mit dabei) war die Besetzung zuletzt auf die beiden Masterminds President Bongo und Biggi Veira sowie Sänger Daníel Ágúst Haraldsson geschrumpft. Mit der Rückkehr von Urður „Earth“ Hákonardóttir und dem Mitwirken von Hjaltalin-Frontmann Högni Egilsson stehen bei „Arabian Horse“ aber nun wieder gleich drei Stimmen zur Verfügung. Keine Frage, Gus Gus wollen es wieder richtig wissen.

Als Basis wurde der vielversprechende Dance-Electro-Mix des Vorgängers beibehalten, letztendlich gestaltet sich der neueste Streich der Isländer aber wesentlich vielfältiger. Das liegt zum einen natürlich an den drei Vocalisten, die alle nach wie vor unglaublich einnehmende Stimmen vorweisen können und so manchen Song erst so richtig veredeln. Noch auffälliger ist allerdings, dass sich Gus Gus musikalisch breiter aufstellen und trotzdem ein atmosphärisch sehr dichtes Album abliefern. Wer „Arabian Horse“ durchhört, begibt sich auf eine Reise, die das Beste elektronischer Musik aus den frühen 90ern zu einem Ganzen vereint. Ob Dance-Pop, House, Urban Soul oder bisweilen sogar Trance – alles taucht auf und das ganz ohne Staub und Spinnweben. Der Bass geht tief, die Synthies grooven, was das Zeug hält und die Hooks sind wirklich unverschämt catchy. Eine fantastische Dancefloor-Platte, auf die man lange gewartet hat.

Eingerahmt wird der Spaß von zwei Instrumentaltracks, die noch einmal beweisen, dass man Gus Gus nicht einmal auf einem einzigen Album in irgendeine Schublade stecken kann. Besonders der Opener „Selfoss“ zieht gleich voll in seinen Bann, nur um dann den lange ersehnten Peak zu verweigern und schließlich sogar in eine wilde Gypsy-Sause zu verfallen. Man ist verwirrt, aber auch angefixt, und was danach kommt, ist musikalischer Sex. Aber man muss vorsichtig sein! „Befriedigend“ würde der Band samt großartiger Platte ja fast schon wieder nicht gerecht werden und das haben Gus Gus spätestens mit diesem heißblütigen Araber wirklich nicht verdient.

Benjamin Köhler

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