Rezension

Gruff Rhys

American Interior


Highlights: American Interior // 100 Unread Messages // Iolo
Genre: Rock // Songwriter // Americana
Sounds Like: Super Furry Animals // The Beta Band // The Flaming Lips

VÖ: 09.05.2014

Da hält sich jemand, der seit über 25 Jahren dabei ist, seine musikalische Laufbahn spannend. Gruff Rhys, Mitglied der sich seit 2010 im Hiatus befindlichen Super Furry Animals, veröffentlicht scheinbar nicht mehr einfach eine Ansammlung an Songs. Ein Konzept muss her, so war es schon beim Vorgänger „Hotel Shampoo“, so ist es auch bei dieser Platte, bei „American Interior“. Zum Glück ist, was für Rhys spannend ist, auch für uns spannend, und so sind wir gerne dabei.

So etwas wie „American Interior“ hat es nämlich noch nicht gegeben. Weder vom Ausmaß – diese Platte ist nur Teil eines Projekts mit demselben Namen, zu dem noch ein Film, ein Buch und eine App gehören – noch vom Inhalt her. Es geht um die unglaubliche und doch wahre Odyssee des genau wie Rhys aus Wales stammenden John Evans. Dieser war 1792 im Alter von 22 nach Amerika aufgebrochen, um herauszufinden, ob, wie man munkelt, immer noch der walisischsprechende Indianerstamm der Madogwys durch die Great Plains zieht. Auf dem Weg passiert ihm ungefähr so viel wie Forrest Gump, nur dass seine Story wahr ist. Das hat auch Gruff Rhys gepackt, so sehr, dass er sich im Sommer 2012 auf eine investigative Konzerttour auf die Spuren Evans’ begab. Rhys’ eigene Odyssee – mit einer Power-Point-Präsi über Evans und einer einen Meter großen Statue des Protagonisten.

Das Kernstück des Projekts ist die Platte geworden, „American Interior“. Mit dieser beweist Rhys zum wiederholten Male, was für ein fantastischer Geschichtenerzähler er ist. Er verwebt die Story Evans’ mit seiner eigenen Reise, betrachtet aus melancholischer Perspektive. Auch musikalisch ist er immer noch ein interessanter Songwriter, im Prinzip sind seine Songs reine Popsongs, in welchen man sowohl introspektive Ruhe und Besinnung als auch orchestrale Momente oder leichte Überdrehtheit findet. Geschickt verwebt er die Stile, pickt die Gitarre mal countryesk, um beim nächsten Song an Belle & Sebastian zu erinnern („100 Unread Messages“). Teilweise klingt Rhys nun sogar nach Americana – die Reise scheint ihre Spuren hinterlassen zu haben. So sehr, dass es ihm schon selbst aufgefallen ist und er die Platte vor Release noch einmal mit Overdubs versehen hat, um den Einfluss nicht zu groß werden zu lassen.

Ein Highlight der Platte ist sicher der Titeltrack „American Interior“. Melancholische, offen gehaltene Rockmusik mit einfühlsamer Stimme, die ein wenig klingt, als würde sie aus dem Off kommen. „American Interior“ ist ein weiteres spitzenmäßiges Gruff-Rhys-Album geworden. Die Musik leidet nicht an dem ambitionierten Konzept, sie profitiert vielmehr davon. Rhys kann sich ruhig auch weiterhin sein musikalisches Leben spannend halten.

Daniel Waldhuber

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