Rezension
Graveyard
Innocence & Decadence
Highlights: The Apple And The Tree // Hard Headed // Stay For A Song
Genre: Rock // Bluesrock // Rhythm & Blues
Sounds Like: Blues Pills // Kadavar // The Black Keys
VÖ: 25.09.2015
14 Sekunden – so lange dauert das Kneipenatmosphären-Intro von „Innocence & Decadence“ und damit die Zeit der Ungewissheit, ob Graveyard auch auf ihrem vierten Alben eine sichere Bank für kernigen Retrorock bleiben. Die unmissverständliche Antwort geben hemmungslos knarzige Riffgitarren und Joakim Nilssons vertrauter Gesang zwischen Robert Plant und schwedischem Bergwolf: Ja, alles beim Alten bei den Skandinaviern.
Waren Veränderungen denn zu erwarten? Nunja, es hätte mindestens zwei Anlässe gegeben: Zum einen ließen sich Graveyard nach „Lights Out“ für ihre Verhältnisse ungewöhnlich lange Zeit für ein neues Album. Zum anderen kehrte Gründungsmitglied Rikard Edlund der Band im Oktober 2014 den Rücken; den Bass bedient seitdem der wieder eingestiegene Ex-Gitarrist Truls Mörck. Der darf izwischendurch auch mal den Gesang übernehmen, ansonsten fügt er dem Graveyard-Sound nichts hörbar Neues hinzu.
Nicht, dass das überhaupt nötig wäre: „Innocence & Decadence“ setzt sich mal wieder gemütlich zwischen alle möglichen Ausprägungen leicht angegrauter Rockmusik. Da gibt es rasanten Riffrock wie im Opener oder in „Hard Headed“, beschwingte Dire-Straits-Anklänge in der offensichtlichen Single „The Apple And The Tree“, bluesige Leidensgeschichten wie „Far Too Close“ und selbst krautige Psychedelik mit Synthesizer und Orgel in „Exit 97“. Dabei klingen Graveyard stets so frisch, dass man sich fragt, woran die Burschen eigentlich drei Jahre rumgedoktort haben: bei „Can't Walk Out“ etwa könnte auch jemand während einer spontanen Jamsession auf den Aufnahmeknopf gefallen sein. Vielleicht haben sie einfach so lange überlegt, in welchem Song sie am unauffälligsten einen Black-Metal-Part samt Blastbeats verstecken können (Tipp: Es ist „From A Hole In The Wall“).
Manchmal will gut Ding aber vielleicht einfach die berühmt-berüchtigte Weile haben – ein Motto, das auch für „Stay For A Song“ gelten kann. Die reduzierte und in ihrer Einfachheit wunderschöne Rausschmeißerballade gönnt sich ein zweiminütiges, sanftes Klavieroutro und gewährt einer erwartbar überzeugenden Platte einen passenden Abschluss.
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