Rezension
¡Forward, Russia!
Give Me A Wall
Highlights: Twelve // Fifteen Pt. 1 // Sixteen // Fourteen
Genre: Krawallindie
Sounds Like: Test Icicles // Help! She Can't Swim // You Say Party! We Say Die! // Les Savy Fav
VÖ: 04.08.2006
Neulich im Bandworkshop: Wie kreiere ich einen guten Bandnamen? Zuallererst muss etwas schmissiges her. Kann auch ruhig etwas anstößig sein. Forward Russia? Klingt schon einmal nicht übel, liest sich aber recht unspektakulär. Ein paar Satzzeichen müssen her! Also zwei Ausrufezeichen, eins hinten und eins vorne, und ein Komma darf es auch noch sein. Jetzt noch das erste Ausrufezeichen umgedreht, das hat bestimmt noch keiner gemacht, fertig: ¡Forward, Russia! Geil.
Jetzt könnte man aus dem Stehgreif sofort Kalkül und Medienwirksamkeit unterstellen, wenn die Band nicht tatsächlich den Dachschaden hätte, den der Bandname auch vermittelt. Das fängt schon bei der Tracklist an. Ganz viel Mühe hat man sich nämlich bei den Songtiteln gegeben. In der Reihenfolge der Entstehung einfach mal kurzerhand durchnummeriert. Das dabei natürlich ein paar frühe Sachen unter den Tisch fallen, versteht sich von selbst. Da kann man dann auch gleich Songs in „Pt.1“ und Pt.2“ unterteilen und eigentlich ist ja sowieso alles komplett durcheinander. Die Band sitzt womöglich gerade mit irrem Blick in einem verranzten Kellerloch und lacht sich ob der verzweifelten Orientierungslosigkeit der Hörer ins Fäustchen.
Ja, die Band. Auch so ein Fall für sich. Neuerdings ist es ja besonders angesagt Geschwisterpächen in der Band zu haben. So auch hier. Der Gitarrist hört auf den klangvollen Namen Whiskas und die Quotenfrau bedient diesmal nicht den Bass, sondern sitzt hinter der Schießbude. Wer Meg White´sche Drumkunst gewohnt ist, wird ganz schön mit den Ohren schlackern vor soviel Versiertheit. Zudem schreckt auch sie nicht davor zurück durchaus ab und an ihre görenhafte Stimme einzubringen. Sänger Tom (kann man ihn Sänger nennen?) nölt sich derweil durch die Songs wie ein pubertärer Heranwachsender. Die Stimme immer kurz vor dem Abgrund, bisweilen auch mal drüber, versteht man von den Texten wenig bis gar nichts. Wo Chaos herrscht und auch so gewollt ist, hat dieser Umstand allerdings keine Bedeutung mehr und würde wahrscheinlich sowieso nur stören. Passend dazu auch die immer mal wieder auftauchenden Electrosprengsel, die dem ganzen Wirrwarr erst die richtige Würze verleihen.
Alles Umstände, welche ungeübte Ohren schnell weghören lassen. Schließlich ist es nicht jedermans Sache, wenn ein Song zu einem waschechtem Indiehit hochgeschauckelt wird, nur um im nächsten Moment an die Wand gefahren zu werden. Gutes Beispiel hierfür „Fifteen Pt.1“, welches in viereinhalb Minuten einmal vom Tanzflächenmonster zum Krachinferno und zurück mutiert. Besonders für DJ´s wird „Give Me A Wall“ zur Feuertaufe. Bis auf das sehr eingängige und damit bedenkenlos zu wählende „Twelve“ sind zwar fast ausschließlich alle Songs prinzipielle Hits, aber irgendwie auch nicht. Zu unberechenbar ist diese Band. Wahrscheinlich genau die Eigenschaft, welche ¡Forward, Russia! aus dem Einheitsbrei hervorstechen lässt. Wenn bei einer Rezension kein einziges Mal der Name einer anderen Band fällt, kann man nicht viel falsch gemacht haben.
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