Rezension
Florence And The Machine
Lungs
Highlights: Rabbit Heart (Raise it Up) // I'm Not Calling You A Liar // Kiss With A Fist // Girl With One Eye // Between Two Lungs // My Boy Builds Coffins
Genre: Pop
Sounds Like: Lilly Allen // Kate Bush // Britta Persson // Dear Reader
VÖ: 10.07.2009
You hit me once
I hit you back
You gave a kick
I gave a slap
You smashed a plate over my head
Then I set fire to our bed
Nachdem man diese Zeilen aus dem aktuellen Vodafonespot das erste Mal gehört hat, was aufgrund der Laufzeit der Werbung bei den meisten von euch schon etwas länger der Fall sein dürfte, kann man nachvollziehen, warum sich der englische Blätterwald wieder zu „Next Big Thing“-Tiraden hinreißen lässt. Dabei ist „Kiss With A Fist“ für Florence and the Machine ungefähr so repräsentativ wie das 2002 von Vodafone wieder entdeckte „Bohemian Like You“ für die Dandy Warhols.
Florence and the Machine ist keine feste Band, sondern eher eine Kollaboration nach dem Conor-Oberst-Prinzip mit einer variablen Anzahl von Mitgliedern. Bekannte Gesichter wie Dev Hynes von Lightspeed Champion erhöhten schnell den Bekanntheitsgrad der Band, der Rest entwickelte sich wie ein Selbstläufer, was Florence Welsh in die Lage versetzte, sich ihre Helfer für ihr Debütalbum „Lungs“ gezielt auszusuchen - zum Leidwesen von Razorlights Johnny Borell, der mit Florence einige Songs geschrieben hatte. Davon schaffte es kein einziger auf „Lungs“, statt diesen setzt Frau Welsh lieber auf ihre eigenen Songs, die Texte arbeitete sie mit teilweise-Ex-Blur Alex James aus. Sicher ein gut überlegter Schritt, wenn man versucht, den Ruf der besten Coverband der Insel abzuschütteln.
Laut Florence handelt „Lungs“ von der Liebe und dem damit verbundenen Schmerz. Kombiniert man das mit ihrer Vorliebe für Songwriting in verkaterten oder betrunkenen Momenten, hat man damit schon ein grobes Bild des Albums und dessen Texten vor Augen, die zwischen Witz, einer Prise Chaos, Gefühl und Dramatik pendeln. Die Wahl der Musikstile ist ähnlich abwechslungsreich, was es schwierig macht, Florence And The Machine in eine Schublade zu stecken. Pop ist überall enthalten, teilweise eher leicht und verspielt, mal anspruchsvoller oder auch rockig. Stimmlich ist Florence deutlich variabler als ihre Konkurrentinnen Lilly Allen und Kate Nash. Die Darstellung von verzweifelter Liebe in „I'm Not Calling You A Liar“ ist ebenso berührend wie das romantische Kleinod „Between Two Lungs“, das von dem Austausch eines Atemhauchs eines schlafenden Liebespaares erzählt. „Girl With One Eye“ von Florences Lieblingspunkband The Ludes, abgesehen vom Bonustrack das einzige Cover, müsste der US-Fassung des Albums den Parental-Advisory-Explicit-Lyrics-Sticker verschaffen. Selten war ein bösartiger Songtext so schön verpackt wie in dieser Version, die im Singer-Songwriter-Stil beginnt und in Bombastpop-Höhen endet. Florence ruft hier das komplette Spektrum ihrer Stimme ab und steigert sich kraftvoll in den Song über herausgeschnittene Augen und Herzen hinein. Dagegen wirkt der ein oder andere selbst verfasste Song etwas weniger fein geschliffen, vor allem das extrem eingängige „Kiss With A Fist“ ist mit nur 124 Sekunden Spielzeit zu kurz, um es richtig genießen zu können.
In den englischen Albumcharts ist „Lungs “inzwischen auf Platz zwei gelandet. Nur auf dem zweiten Platz, nach all dem Wirbel, den NME-Headlines, der Werbung, den Awards und dem ganzen sonstigen Hype? In jeder anderen Woche dieses Jahr hätte es wahrscheinlich zur Number One gereicht, doch in der Beerdigungswoche des King of Pop und Panikkäufen von dessen CDs, die vor kurzen noch wie Blei in den Regalen langen, muss man sich eben geschlagen geben. Doch wenn man von den neun Michael-Jackson-Alben in den UK-Top-20 nur The Essential passieren lassen muss, ist das doch auch ganz in Ordnung.
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