Rezension

Fehlfarben

Glücksmaschinen


Highlights: Glücksmaschinen // Stadt Der 1000 Tränen // Neues Leben
Genre: (Post-)Punk // NDW
Sounds Like: Joy Division // Die Goldenen Zitronen // Ton Steine Scherben

VÖ: 12.02.2010

Spacesounds, zarte Synthieansätze und dann setzen die Gitarren und das Schlagzeug ein. Nicht nur der erste Eindruck verleitet bei den ersten 50 Sekunden von „Glücksmaschinen“, an Belanglosigkeitspop à la Keane oder Coldplay zu denken. Doch exakt dann, wenn sich die Verwunderung einstellt, platzt Peter Hein mit seinem Anti-Gesang herein. Und von diesem Zeitpunkt an ist „Glücksmaschinen“ eine musikalische Offenbarung. Eine Zeitreise ins Düsseldorf der 80er.

Egal, ob man das nun am noisigen, oben eingeleiteten Titelsong, dem Post-Punk-Statement „Stadt der 1000 Tränen“ inklusive Joy-Division-Bass oder am NDW-Statement „Neues Leben“ festmacht. Die Band, die bisher vermutlich nur eine bedeutende Platte herausgebracht hat, überrascht auf ganzer Linie. Nun ist „Monarchie und Alltag“ nicht nur eine bedeutende Platte der Band Fehlfarben, sondern vermutlich eine der besten deutschen Platten aller Zeiten und eine soundästhetische Dokumentation dessen, wie der Punk damals zur NDW kam, bevor letztere mit „99 Luftballons“ in die Belanglosigkeit abhob. Nachdem Peter Hein 1981 die Band verließ, um ihr 1989 wieder beizutreten, gab es (abgesehen von einer Kollabo-Platte mit Helge Schneider) nur zwei Platten, die als Studioalben in Bandbesetzung gelten können. Ohne großartig zu enttäuschen, hatten „Knietief im Dispo“ und „Handbuch für die Welt“ nicht mehr viel mit dem Idealbild der Fehlfarben zu tun, das man aus 1980 ins neue Jahrtausend gerettet hat.

„Glücksmaschinen“ schlägt 30 Jahre nach dem Debüt den Bogen zum Debüt, das eine Melange aus Unzufriedenheit und Idealbildern war. Peter Hein lässt in seinen Texten jedoch klar werden, worum es geht. Ideale und Wut haben in der Musik gereifter Männer den gleichen Effekt wie schales Altbier. Drum überlassen sie das jenen, die jetzt an der Reihe sind und besinnen sich in ihrer upgedateten Version – Fehlfarben 2.0 sozusagen (mit Moses Schneider als Co-Entwickler) – auf einen ironischen Blick auf die Gesellschaft aus der Rolle des Beobachters, während die Wut von vor 30 Jahren nur an der einen oder anderen Stelle ihren Nachhall findet. Ich maße mir an zu sagen: Um das Werk der Fehlfarben zu verstehen, reichen „Monarchie und Alltag“ und „Glücksmaschinen“ völlig aus – alles andere können wir ausklammern.

Andreas Peters

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