Rezension
Father John Misty
Pure Comedy
Highlights: Two Wildly Different Perspectives // So I'm Growing Old On Magic Mountain // In Twenty Years Or So
Genre: Singer/Songwriter
Sounds Like: Elton John // J. Tillman // John Grant // Damien Jurado
VÖ: 07.04.2017
Bis vor wenigen Jahren war er noch „nur“ der Drummer der Fleet Foxes, der nebenher ein paar Solo-Platten herausgebracht hat. Mittlerweile ist Josh Tillman einer der bedeutendsten Songwriter der Gegenwart, Stilikone und dazu noch ein verdammt sympathischer und scharfsinniger Zeitgenosse. Keine Frage, der Entschluss, sich unter dem Alter Ego Father John Misty solo durchzuschlagen, hat sich für Tillman voll und ganz ausgezahlt. Mit dem nun dritten Album „Pure Comedy“, seinem persönlichen Opus Magnum, holt er nun wirklich alles raus, textlich wie musikalisch.
„Pure Comedy“ – das ist eigentlich tatsächlich die einzig logische Schlussfolgerung, wenn man sich das Treiben der Menschheit in der heutigen Zeit so anschaut. Kriege, Unterdrückung, der Aufstieg demokratiefeindlicher Mächte, Verdummung wohin man blickt... Father John Misty kommentiert all dies mit spitzer Zunge und zynischem Blick. Das kann ja wohl alles nicht so ganz ernst gemeint sein. Oder doch? Immer wieder stellt sich auch Tillman auf seinem neuen Album diese Frage und dann wird er textlich ernst und nachdenklich (zum Beispiel in „Two Wildly Different Perspectives“). Auch er versteht: Man kann sich eben nicht immer mit Sarkasmus vor der bitteren Realität schützen, auch wenn er den Schmerz lindert. Diese differenzierte Sichtweise macht „Pure Comedy“ schon allein lyrisch zu einem echten Juwel.
Fast noch beeindruckender ist allerdings, wie sich der Sound von Father John Misty weiterentwickelt hat. Auch wenn der Großteil seiner Stücke nach wie vor auf einem klassischen Singer/Songwriter-Gerüst fußt (Akustikgitarre, Piano, reduzierte Arrangements), so gibt es immer wieder Momente, in denen ganz groß aufgefahren wird. Und die verkommen dann eben nicht zu kitschigem Pathos, sondern zu wunderschönen Gänsehaut-Passagen. Besonders stechen hier die beiden wahnsinnig guten Abschlusssongs hervor. „So I'm Growing Old On Magic Mountain“ öffnet sich nach der Hälfte mit einem majestätischen Synthie-Klangteppich und die Streicher in „In Twenty Years Or So“ sind das Schönste, was ihr seit langer Zeit gehört habt. Versprochen. All das fabelhaft produziert von Misty himself und seinem Buddy Jonathan Wilson, der schon bei den vergangenen Alben am Steuer saß.
Hater werden sagen, dass das Album mit 75 Minuten Spielzeit viel zu lang ist. Vielleicht sind einige Songs tatsächlich verzichtbar und eine etwas schlankere Version von „Pure Comedy“ hätte es auch getan. Hater werden aber auch sagen, dass das alles viel zu sehr nach Elton John klingt und stimmlich Robbie Williams immer wieder durchschimmert. An der Stelle sei allerdings empfohlen, den Indie-Stock aus dem Arsch zu ziehen und gut geschriebene Songs einfach mal zu würdigen (und sich ausgiebiger mit Elton John zu beschäftigen). Father John Misty untermauert jedenfalls mit seiner dritten Platte seinen Status als Ausnahme-Songwriter. Ernsthaft.
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