Rezension
Father John Misty
I Love You, Honeybear
Highlights: I Love You, Honeybear // Chateau Lobby #4 (In C For Two Virgins) // The Night Josh Tillman Came To Our Apt. // Strange Encounter // Bored In The USA
Genre: Blues // Folk // Orchester-Pop
Sounds Like: J. Tillman // John Lennon
VÖ: 06.02.2015
Anfang 2012 hat sich Joshua Tillman entschieden, sich musikalisch neu zu orientieren. Er verließ die Fleet Foxes und auch auf seine vergangenen Soloalben hatte er keine Lust mehr. Warum hat er diese durchaus erfolgreiche Karriere an den Nagel gehängt? Ganz einfach, J. Tillman kann mehr. Er ist nicht nur der Drummer oder ruhige Singer-Songwriter, sondern Father John Misty, dem in Deutschland leider noch nicht die Aufmerksamkeit zukommt, die er verdient hätte. Das zeigte er mit seinem Debütalbum unter dem neuen Pseudonym und unterstreicht es mit „I Love You, Honeybear“.
Vorab: Das Ganze ist sicherlich nicht gegen seine vorangegangenen Werke gerichtet, sowohl mit den Fleet Foxes als auch solo hat er wunderschöne Musik gemacht. Trotzdem, seit seiner Neuausrichtung weist er musikalisch eine deutlich weitere Streuung auf. Natürlich verzichtet er nicht komplett auf die Akustikgitarre, aber zusätzlich wird seine wunderbare Stimme nun von einem Chor begleitet und von Streichern, Bläsern, Piano oder Elektrobeats untermalt. Dadurch ist „I Love You, Honeybear“ auch eher opulent denn zurückhaltend. Das zeigt schon der Titeltrack, der zugleich einen wunderbaren Einstieg in das gesamte Album ermöglicht. Zum einen zeigt er die musikalische Richtung an: Beginnend mit seichten Streichern und Drums steigert es sich schnell zu einer pompösen Ballade, bei der trotz allem die leicht soulige Stimme Mistys im Vordergrund steht. Zum anderen bereitet es den Hörer auf den Inhalt der nächsten Stücke vor:
“Honeybear, honeybear, honeybear
You fuck the world damn straight malaise
It may be just us who feel this way”
Misty behandelt im Großteil seines neuen Werkes die Liebe, genauer die Liebe zu seiner Ehefrau Emma. Dabei handelt es sich jedoch nicht nur um klischeebehaftete, austauschbare Liebeslieder, sondern vielseitige Stücke mit autobiografischen Zügen. Ob es um Hochzeit geht, wie in „Chateau Lobby #4 (In C For Two Virgins)“, oder um die trotz der Liebe vorhandenen Charaktereigenschaften, die einen immer wieder zur Weißglut treiben in „The Night Josh Tillman Came To Our Apt.2“, Misty besingt überraschend realistisch die positiven und negativen Seiten des Themas.
Hierbei zeigt er noch eine weitere seiner Stärken: Seinen leicht zynischen Humor. Dieser ist in den elf Liedern des Albums allgegenwärtig, am stärksten jedoch in seiner ersten Single, dem an Bruce Springsteen angelehnten „Bored In The USA“. In dem Stück, das sich thematisch am stärksten von dem Konzept des Albums absetzt, beschreibt er mit einer Schippe Ironie die verbitterten Gedanken des durchschnittlichen, verschuldeten, unglücklich verheirateten und gelangweilten US-Amerikaners. Dabei schlägt er sogar eine philosophische Richtung ein: Sein schon vorher bekanntes Interesse an Schopenhauer und dessen Definition von Langeweile als ein Gefühl des durchschnittlichen Menschen zeigt sich in „Bored In The USA“. Er singt “Now, I’ve got all morning to obsessively accrue / A small nation of meaningful objects / And they’ve got to represent me too“, bezieht also Schopenhauers Theorie auf die heutige Zeit, wo der gelangweilte Mensch versucht, seine innere Leere durch Oberflächlichkeit zu verdecken.
Aber genug davon, auch ohne philosophischen Bezug ist „I Love You, Honeybear“ ein besonderes Album geworden. Die vielfältige Instrumentierung gepaart mit Mistys toller Stimme und seinen schönen und schlicht amüsanten Texten ergibt ein großartiges, 44 Minuten langes Werk. Wünschen wir ihm, dass er damit nun auch mal in Deutschland Aufmerksamkeit bekommt.
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