Rezension

Fat White Family

Songs For Our Mothers


Highlights: Whitest Boy On The Beach // Love Is The Crack
Genre: Garage // Krautrock // Psychedelic
Sounds Like: The Birthday Party // The Fall // Swans

VÖ: 22.01.2016

Sie sind die bösen Buben der britischen Musikszene. Falls Mac Demarco weiterhin Musik spielte, würde Lias Saoudi, Sänger der Fat White Family, dem IS beitreten. Geschmacklos: sicherlich. Effizient: natürlich. So tönte er über Facebook und fand wie jeder, der absichtlich die falschen Töne anschlägt, viel zu viel Gehör. Ein Sturm im Wasserglas. Doch klar, die tun nichts, die wollen nur spielen. Fat White Family lieben die plumpe Provokation und das Brechen von Tabus; leider will die Band mit ihrem zweiten Album gleichzeitig ernstgenommen werden und ein großes musikalisches Statement abliefern.

War das Debüt „Champagne Holocaust“ noch ungestümer Garage-Rock, versucht „Music For Our Mothers“ den Horizont zu erweitern und opfert die Hits zugunsten von Atmosphäre. Das hypnotische „Whitest Boy On The Beach“ verneigt sich durch seine Lust an der Wiederholung vor dem Krautrock, auch „Love Is The Crack“ oder „Lebensraum“ strahlen durch ihren Americana-Einfluss eine gewisse Faszination aus. Doch die Horizonterweiterung gelingt nur teilweise. Die aufgeblasenen Choralgesänge auf „Duce“ wollen die großen Swans heraufbeschwören, können allerdings nicht deren dunkle Erhabenheit erreichen. Ganz übel wird es auf „Satisfied“, welches eine hedonistische Gesellschaft auf die Schippe nehmen will, dabei allerdings so stark auf Buhu-Schockeffekte und Plattitüden zurückgreift, dass sich selbst Kinderschreck Marilyn Manson nicht mit dieser Nummer auf die Bühne stellen würde. Weiß, dekadent, böse? Abgegrastes Terrain.

Für ein Album, welches große Statements verkünden will, hat „Songs For Our Mothers“ erschreckend wenig Haken und Ösen. Große Teile dieses Albums prasseln nur so am Hörer ab, weil sie so austauschbar klingen. „Songs For Our Mothers“ will der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten, doch zerbricht an der Spannung zwischen jugendlicher, unreflektierter Provokation und dem Anspruch, ein tieferes, im Kern ernstes Album zu produzieren. Durch das aufgesetzt provokante Benehmen ist Lias Saourdi schlussendlich eine ähnliche Kunstfigur wie der dauerverpeilte und strahlende Mac Demarco. Sicher darf Kunst so manches, doch langweilen sollte sie bitte nicht.

Yves Weber

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