Rezension
Explosions In The Sky
Take Care, Take Care, Take Care
Highlights: Last Known Surroundings // Trembling Hands // Postcard From 1952
Genre: Post-Rock
Sounds Like: Godspeed You! Black Emperor // Mogwai // Sigur Rós
VÖ: 22.04.2011
2011, ein Jahr des geballten Post-Rock. Godspeed You! Black Emperor sind endlich wieder auf europäischen Bühnen zu sehen, Mogwai mit neuer Platte ebenso. Nun folgen also die vier Texaner Explosions In The Sky mit ihrer von wunderschönen Gitarrenmelodien geprägten vielleicht zugänglichsten Variante der Stilrichtung, und veröffentlichen ihre – so munkelte man vorab ob der Kenntnis des Appetithappens "Trembling Hands" – vermeintlich eingängigste Platte "Take Care, Take Care, Take Care".
Nachdem auf dem vorangegangenen Werk "All Of A Sudden, I Miss Everyone" in einem Roman, dessen einzige Worte die Songtitel wahren, die Welt aufgebaut, zerstört und nebenbei erklärt wurde, wird die folgende Stille von den einschneidenden Gitarrenakkorden der "Last Known Surroundings" durchbrochen, eine monumentale Auferstehung aus der Asche. Das prachtvolle Gefühl des Bandsounds breitet sich sofort wieder aus und entfaltet sich bis in die hintersten Winkel des Geistes. Ein schönes, kreatives Gimmick, dass der Käufer eines physischen Tonträgers sich aus dem Artwork ein kleines, schönes Haus – entfaltend – aufbauen kann. "Take Care, Take Care, Take Care" ist, wie nicht anders erwartet, ein künstlerisches Gesamtwerk und als solches bis ins kleinste Detail genial konzipiert.
Auch dieses Album kommt einem Roman gleich, das folgende "Human Qualities" schmiegt sich in seiner Schönheit dem Hörer an, um am Ende zu explodieren. Man hängt der Band an den Lippen – obwohl sie kein einziges Wort sagen, glaubt man ihnen jeden einzelnen Ton. Das vorab bekannte "Trembling Hands" ist vielleicht nicht ihr bester Song, schwierig ohnehin, hier etwas hervorzuheben. Tatsächlich aber ist es einer ihrer eingängigsten, jedoch vermag er eines, und das macht auch ihn stimmig im Kontext: Er bringt das Gefühl, welches sich beim Hören von Explosions In The Sky ausbreitet, unweigerlich auf den Punkt: Das Gefühl, sich ständig mindestens einen halben Meter über dem Boden in einer Raum-Zeit-Schwebe zu befinden, irgendwo zwischen Himmel und Erde. Explosions In The Sky: Musik wie ein Feuerwerk des Herzens, zwischen der Stille und dem Knall, die uns vergessen lässt, wer und wo wir sind, während sie uns eben jenes erklärt. Musik, die alles sein kann: Der Soundtrack zu einem regnerischen Wintertag, einer langen, fernen Reise oder einem Sommertag im Wald.
Der Bandsound unterscheidet sich hierbei nur marginal von den Vorgängern, ist wie eh und je geprägt von verschachtelten, wunderschönen Gitarrenmelodien in Bestform, getragen von einer Rhythmusfraktion, welche die Leise-Laut-Dynamik der Band ausgereift zu Ende denkt. Wünscht man sich bei anderen Bands einen Fortschritt, ein Weiterdenken der Musik, so wünscht man sich bei Explosions In The Sky nichts mehr als eben dieses zu Ende denken, man wünscht sich, dass die Band bitte nie etwas anderes tut. Ist "Take Care, Take Care, Take Care" nun wirklich ihre eingängigste Platte? Das spielt in der Raum-Zeit-Schwebe keine Rolle mehr. Sie ist in jedem Fall wieder ein künstlerisches Gesamtkonzept, in einer Art und Weise ausgereift, dass es jeden Mund offen stehen lässt, jedes Herz temporär zu vergrößern vermag und den Hörer nach 46 zeitlosen Minuten mit einem Lächeln in die Welt zurückschickt. Und wie tut sie das? Mit "Let Me Back In", dem letzten Song, der mit einem seichten, herzpochenden Rhythmus endet, den Hörer zurückholt auf die Welt. Mehr Ausdruck ohne Worte geht nicht.
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