Rezension

Erland & The Carnival

Erland & The Carnival


Highlights: My Name Is Carnival // Trouble In Mind // Was You Ever See // The Sweeter The Girl (The Harder I Fall)
Genre: Folk-Rock // Psychedelic
Sounds Like: The Coral // The Byrds // Ennio Morricone // The Doors // Pentangle // Fairport Convention

VÖ: 26.03.2010

Eine Ziege im Anzug mustert mich kritisch. Es ist das Cover des Debütalbums von Erland & The Carnival, das ich vor mir liegen habe und das mich direkt an die skurrilen Charaktere der Walter-Moers-Bücher denken lässt. Auch beim Hören des Albums kommen mir ähnliche Assoziationen in den Sinn, denn es ähnelt dem Lesen eines der Zamonien-Romanes. Ideenreichtum und Phantasie mögen einen beeindrucken, der Wahnsinn, der beidem innewohnt, ist jedoch noch viel faszinierender.

Doch wer sind Erland & The Carnival überhaupt? Die Band setzt sich zusammen aus Folk-Gitarrist Erland Cooper, David Nock und Simon Tong, den so mancher von Bands wie The Verve und Blur kennen dürfte. Mit Britpop haben Erland & The Carnival jedoch recht wenig am Hut. Sie wühlen weit tiefer in der britischen Musikgeschichte und präsentieren ihre ganz eigene Version von psychedelischem britischen Folk-Rock. Wie könnten Erland & The Carnival ihr Album also passender eröffnen, als mit einem schrulligen englischen Traditional? Wem das düstere „Love Is A Killing Thing“ mit seiner wahnwitzigen Orgel und dem verhallten Gesang schon zu viel ist, der kann hier getrost die Stop-Taste drücken, wer aber an dem ausgelassenen Spiel der Band seine Freude hat, kann sich auf etwas gefasst machen. Mit ihrem überdrehten Cover von Jackson C. Franks „My Name Is Carnival“ reichen Erland & The Carnival die Erläuterung ihres Bandnamens nach und spinnen mit „You Don’t Have To Be Lonely“, das wie eine durchgeknallte Jahrmarktsmusik klingt, den Wahnsinn weiter. Nach dem unheimlichen Shanty „Tramps And Hawkers“ und „Was You Ever See“, einem Hit im 7/8-Takt, begegnet einem mit „The Sweeter The Girl (The Harder I Fall)“ ein taumelnder Popsong der etwas anderen Art. Das nervöse Gedudel im Hintergrund und der penetrante Chorgesang unterstreichen treffend die Stimmung, die Erland Cooper hier beschreibt. „And I tumble like leaves like confetti trees as autumn burns, safe in the city / save me tonight from burning delight” singt er aufgewühlt mit zittriger Stimme.

Erland & The Carnival musizieren mit einer Versessenheit, die sich durch das ganze Album zieht. Bis zum letzten Song rast die Orgel wie verrückt umher, dudeln die Synthesizer und poltern die Drums. In bemerkenswerter Konsequenz ziehen die drei Briten ihr Ding durch – und das auf durchweg hohem Niveau. Sicherlich ist dies keine Musik für jedermann, wer sich jedoch dem Merkwürdigen öffnen kann, wird mit diesem Album viel Spaß haben. Irgendwann macht dann sogar die Ziege im Anzug Sinn.

Kilian Braungart

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