Rezension

Edgar Wasser & Fatoni

Nocebo


Highlights: Deutscher Rap // Badaboombap // Ich Bastel Eine Collage // Kunst // Smile
Genre: Deutschrap
Sounds Like: Retrogott Und Hulk Hodn // Hiob // Morlockk Dilemma

VÖ: 26.09.2013

Deutschrap hier, Deutschrap da. In Anbetracht der Menge an gefeierten Veröffentlichungen in der letzten Zeit kann man nur vermuten, dass sich das Thema schnell wieder erledigt haben wird. Gegen diese These spricht allerdings die Vielfältigkeit der Szene, die sich endlich über Genregrenzen hinweg bewegt und neue Territorien ergründet. Und genau in dieser Zeit kommt Edgar Wasser (den rapaffinen Lesern möglicherweise schon bekannt) um die Ecke und schnappt sich den "dickeren von Créme Fraiche" (Fatoni), um Retro-BoomBap-Dopeness wieder zurück ins Game zu bringen. Dabei, und das ist das eigentlich Großartige an dieser Veröffentlichung, kümmern sie sich um nichts und wieder nichts und nehmen noch weniger ernst.

Schon im Intro begeben sich die beiden dilettantisch auf die Suche nach einem Kopfhörerkabel ("Das Ist Hier Ein Professionelles Studio"), während im Hintergrund der Beat unbeeindruckt weiterläuft. Wenn man sich selbst schon nicht allzu ernst nimmt, kann man auch bedenkenlos die wichtigen Themen dieser Welt durchexerzieren. Von "Jesus Christus", Machtfantasien ("Diktator Von Deutschland") über die Medienbranche ("Kunst"), die Tragikomik des Lebens an sich ("Smile") bis hin zu dummen Fans ("Fans") wird hier alles auf die Schippe genommen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Dabei bewegen sich Wasser und Fatoni stets an der Grenze zwischen knallhartem Sarkasmus und tiefschwarzem Humor. Hauptsächlich geht es allerdings um die deutsche Rapszene und ihre Protagonisten. Niemand bleibt verschont. Den diesbezüglichen Höhepunkt erreicht die Platte auf "Ich Bastel Eine Collage", das (zumindest in der Hook) ausschließlich aus aneinandergereihten Deutschrap-Zitaten besteht und auf ironische Art und Weise eine gewisse Ideenlosigkeit im Deutschrap anprangert oder eben auch nicht – die Unsicherheit ist Teil dieser musikalischen Scharade.

"Nocebo" schwankt zwischen Selbstkritik und Größenwahn, zwischen Fanboytum und Abrechnung, zwischen Gesellschaftskritik und Scheißegal-Haltung und ist in letzter Konsequenz unberechenbar. Und ja, auch wenn man es einfach nicht mehr hören mag, Edgar Wasser und Fatoni bereichern das immer vielfältiger werdende Genre (vermutlich unintendiert) und dürften mit Sicherheit dafür sorgen, dass das eingangs erwähnte Untergangsszenario des in der Blüte stehenden Deutschrap so schnell nicht eintritt.

Andreas Peters

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Video zur ersten Auskopplung "Deutscher Rap"

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