Rezension
Douglas Greed
Driven
Highlights: Summerless // B12 // Driven
Genre: Electronic // Breaks // House
Sounds Like: Mooryc // Monkey Mafia // Robag Wrhume
VÖ: 09.05.2014
Ein Album zu produzieren ist wie Kinder kriegen. Fragt man junge Eltern, die im kinderreichen Szenekiez stolz den stylisch herausgeputzten Sprössling im ergodynamischen Designerbuggy vor sich her schieben, wie es so ist, das Leben mit Kind, kriegt man nur leuchtende Augen und Phrasen wie „eine unglaubliche Bereicherung“ zur Antwort. Die Schwangerschaft war auch „eine superintensive Zeit der freudigen Erwartung“ und die Geburt erst! So unkompliziert, dass es fast nach einem spirituellen Reinigungserlebnis klingt.
Ähnlich erfüllend scheint auch der Prozess der Albenproduktion für die meisten DJs zu laufen. Hält man das kleine schwarze Vinylwesen erstmal in den Armen, scheinen all die Strapazen und durchwachten Nächte mit schmerzhaft klingelnden Ohren, Morgenübelkeiten durch Konterbier und zombieartigen Blicke in den verwaisten Kühlschrank um 3 Uhr morgens vergessen zu sein. Jahrelang auf der Festplatte herumgeisternde Skizzen und scheinbar nutzlose Beatschnipsel fügen sich endlich zu einem stimmigen Ganzen – ging ja eigentlich fast wie von selbst, oder?
Der DJ, Live-Performer und Produzent Douglas Greed (Freude am Tanzen // BPitch Control) ist einer der wenigen, die den Prozess einmal ganz ehrlich und erfrischend attitüdenlos Revue passieren lassen. Zur Plattenschwangerschaft mit seinem neuesten Baby „Driven“ schreibt er in seinem „Nicht ganz so geheimen Tagebuch“ (Faze-Magazine) von autistischem Bauklötzchenschieben, dem Geschmack von schalem Bier und von Nerven, „aufgekratzt wie Blondinen auf Crystal Meth“. Vor allem aber wird deutlich, dass erstens alles anders kommt und zweitens, als man denkt. Die elf Tracks mit den vielseitigen Features von unter anderem Wahl-Siamesen und Bruder im Geiste Mooryc (Eating Snow), Daniel Brandt (Brandt Brauer Frick) und Live-Kollegen Fabian Kuss sollten eigentlich ein reines Dancefloor-Album werden. Irgendwie hat Mr. Greed seinem Namen dann doch alle Ehre gemacht und einfach mal gleich zwei Alben in einem geschaffen, die in sich so divers wie stimmig sind.
Dem sphärischen Opener „Further“ folgt ungewöhnlicherweise bereits der ruhigste Track des Albums („Driven“), der mit seinem pathetischen M83-Gedächtnisgesang und den in Zeitlupe trabenden Beach-House-Arpeggios eher nach Ausklang denn nach Tanzflächenfüller klingt. Tatsächlich braucht es fünf Tracks, bis der „wirkliche“ Opener „Summerless“ einen so unmittelbar aus der traumversunkenen Andacht des ersten Albumteils reißt und an die eigentliche Mission – Achja, tanzen! – erinnert. Und dann geht’s ab, begeisterter Percussionzirkus, flächige Tranceanleihen mit stehenden Powerakkorden, sogar ein bisschen analoges Experiment, catchy Hooklines („My Mind is a Monkey“) und vor allem ordentlich Four-to-the-Floor-Clubästhetik („This Time“). Ein Album, das ohne Hits auskommt und dennoch wahnsinnig dicht an Höhepunkten ist.
Ist das jetzt Konzept oder Zufall? Genial oder glücklich gelaufen? Manchmal bahnt sich die Kunst einfach ihren eigenen Weg. Um den Meister selbst zu zitieren: „Und überhaupt, drauf geschissen! Es geht um Musik und nicht um graue Konzepte!“
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