Rezension

Delbo

Grande Finesse


Highlights: Polo // Apricot
Genre: Indie
Sounds Like: Pendikel // Blonde Redhead // Klez.E

VÖ: 25.01.2008

Der Stillstand, also die Wiederkehr von uns Bekanntem, seine Anziehungskraft gewinnt er durch die Vertrautheit, die er auf uns ausstrahlt und das daraus entstehende Wohlgefühl. Musikalisch gesehen ist das nicht einmal nur der Pop, sondern alles, was schon Dagewesenes spiegelt, eigene Hörgewohnheiten bestätigt. Im besten Fall kann das zur Unterhaltung dienen, im schlimmsten erschöpft es sich in Langeweile.

Dazu im Kontrast steht der Fortschritt, das Suchen nach etwas Anderem, vielleicht Neuem, durch Verweigerung bekannter Muster. Wenn Gitarrenspuren in tausende Einzelnoten zerfallen anstatt klare Linien zu zeichnen, wenn Texte zu Nebensätzen degradiert werden, wenn nicht mal mehr der Gesang zu einer schnellen Identifikation mit dem Gehörten einlädt, dann könnte man das als einen solchen Fortschritt sehen, zumindest aber als un- oder außergewöhnlich in der gegenwärtigen Musiklandschaft.

So ist Delbos viertes Album "Grande Finesse": aufgeregt, dringlich, rastlos, nicht aggressiv oder hektisch, aber keinesfalls im ersten Moment zu verstehen. Abgesehen von einzelnen prägnanten Riffs und sorgsam eingesetzten Streichern und Bläsern bekommt man erstmal keinerlei Halt. Da ist irgendetwas, das man haben oder verstehen will, aber gleichzeitig möchte man es hassen für seine Unnahbarkeit.

Erst nach einer Vielzahl an Hördurchgängen erkennt man, wie sich die Instrumente die Hand reichen, wie herrlich Florian Lünings Schlagzeugspiel nicht rhythmische Untermalung, sondern nach vorne treibendes, Unruhe schaffendes Werkzeug ist und wie das Notendurcheinander Melodien bildet, die zu hören man anfangs nur noch nicht in der Lage war. Wenn dann bei "Souvenir" eine kleine Ruhepause kommt, klingt das verträumt und ein wenig melancholisch, aber viel Zeit für Erholungsphasen hat man auf "Grande Finesse" nicht.

Kommerzieller Erfolg ist mit solcher Musik so gut wie ausgeschlossen, das wissen mit Sicherheit auch Sinnbus-Labelbetreiber Daniel Spindler - hier Sänger und Gitarrist - und Klez.E-Sänger Tobias Siebert - hier an der Gitarre. Zumindest würde ich das behaupten. Viele werden es nach ein, zwei Hördurchgängen zur Seite legen, die meisten Anderen werden feststellen, dass man in diesem Album bis zur Unkenntlichkeit versinken kann, dass man bei jedem Hören Neues entdeckt und dass niemand solche Musik macht - außer Delbo.

Matthias Kümpflein

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