Rezension

Death Cab For Cutie

Codes And Keys


Highlights: Doors Unlocked And Open // You Are A Tourist // Underneath The Sycamore
Genre: Indiepop
Sounds Like: The Postal Service // Modest Mouse // Grizzly Bear

VÖ: 27.05.2011

Ein Ausweg war gesucht: Nach einer Reihe wundervoller Indie-Gitarrenpop-Alben konnte es so nicht weitergehen: "Transatlanticism", die rockigere Seite, "Plans", die verträumt poppigere und dann "Narrow Stairs", das 2008er Meisterwerk am genauen Knackpunkt zwischen eben Gitarrenpop und treibendem Indierock. Eine äußerst dichte, differenzierte Platte voller gewiefter Arrangements. Der Death-Cab-For-Cutie-Sound war zu diesem Zeitpunkt voll ausgefeilt, eine Steigerung oder Vertiefung nicht mehr möglich.

Doch die Band um Ben Gibbard mit Produzent und ebenfalls Mastermind Chris Walla, Bassist Nick Harmer und den im Genre absolut nicht zu verachtenden, außergewöhnlichen Schlagzeuger Jason McGerr ist clever und selbstreflektierend. "Codes and Keys", so hörte man vorab, solle viel mehr Keyboards enthalten, dafür aber so sehr an Gitarren sparen wie kein Album der Band zuvor. Den Ausweg hat die Band also in einer Feinjustierung des Stils gefunden. Doch wo führt er die vier Herren aus der Nähe Seattles hin?

Lebte die Band früher von der Gänsehaut, die das Hören ihrer Musik mit sich brachte, dieser treibenden, herzlichen Kraft, die ihre Songs immer ausgemacht hat, so ist genau diese mit dem Stilwechsel leider abhanden gekommen und nur noch in Teilen zu spüren. "Codes and Keys" ist ein schlüssiges Gesamtalbum, welches das Versprechen, weniger Gitarren zu beinhalten, hält. Doch leider braucht es etwas, bis es an Fahrt aufnimmt: Der Stilwechsel hat zu weichem Synthie-Pop geführt, welcher leider mitunter einfach langweilig wirkt.

Die Songs plätschern gerade anfangs vor sich hin, ohne famose, kribblige Höhepunkte wie von der Band gewohnt und auch erhofft (siehe "Unobstructed Views"). "Somewhere down in the ocean of sound / We'll live in slow motion and be free / With doors unlocked and open." heißt es in "Doors Unlocked And Open" – leider hat sich die Band zu tief im Ozean des Sounds verloren. Neben diesem Song sticht die gute, aber nur für dieses Album überdurchschnittliche Single "You Are A Tourist" aus der ersten Albumhälfte klar heraus. Erst gegen Ende hin scheint die Stärke der Band einige Male hervor – gerade "Underneath The Sycamore" ist ein herrlicher Gitarrenpopsong, und hier ist auch die Gänsehaut zurück. Doch standen Songs wie dieser früher am Anfang des Albums, während am Ende tiefe Höhepunkte wie "Brothers On A Hotel Bed" aufwarteten.

Für eine Band wie Death Cab For Cutie, welche so sehr dafür steht, kleine Details von Gefühlen zu bearbeiten und zu vertonen wirkt "Codes and Keys" mitunter fast distanziert. Man muss der Band zugute halten, dass sie diesmal alles komplett anders gemacht haben. Und dass sich "Codes And Keys" natürlich mit den großartigen Vorgängern vergleichen lassen muss – die Messlatte war also hoch angesetzt. Nur leider ist eben die Spannung, die Gänsehaut, die Kraft größtenteils abhanden gekommen. In einem Interview hat Ben Gibbard verlauten lassen, er habe diesmal nicht mehr diesen Druck gespürt, den perfekten Song abzuliefern, sondern einfach frei drauflos geschrieben. Man wünscht dem Guten keineswegs etwas Schlechtes, hofft aber insgeheim, dass der Druck nach dem schwächeren "Codes And Keys" wieder etwas größer sein wird.

Daniel Waldhuber

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Video zu "You Are A Tourist"

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