Rezension

Deafheaven

Sunbather


Highlights: Sunbather // The Pecan Tree
Genre: Blackgaze
Sounds Like: Wolves In The Throne Room // Alcest // Russian Circles

VÖ: 21.06.2013

Mehr Punk geht nicht. Also, nicht dass Deafheaven jetzt irgendwas mit den berühmten drei Akkorden zu tun hätten. Nein: Als Teil der Szene des Black Metal, in der sich Musiker mit Corpse-Paint vollkleistern, Satan anhimmeln und Kirchen abfackeln, haut diese Band ein rosa Albumcover raus. Rosa! Als wäre das hier die neue Beach House. Das Artwork von "Sunbather" ist bezeichnend. Für eine Band, die sich von ihrer Szene loslöst, weil sie nach Größerem trachtet. Deafheaven ist das gelungen. Ihre zweite Platte ist ein Meilenstein.

Das Rosa mit etwas Orange provoziert nicht nur, es trägt Bedeutung: Es sind die Farben, die jeder "sieht", der mit geschlossenen Augen in die Sonne starrt. Dazu der Titel "Sunbather" und Wärme macht sich im Kopf breit. Und obwohl diese Vier ihr zweites Album keinem Konzept unterwerfen, spielen sie mit der Wärme. Wenn Deafheaven sich zu voller Größe aufbäumen, brennt es. Lichterloh.

Drums poltern durch, eine aufwühlende Gitarre mauert schreiende Klangwände und George Clarke keift dazwischen wie Satans Schoßhund. Das ist Black Metal, das ist Shoegaze und auch Post-Rock – oder kurz eben Blackgaze. Dieser Sound ist brachial. Aber er ist zugleich auch schön. Schrecklich schön. Wie ein trauriger Schrei aus dem Jenseits.

Mollige Interludes pusten nach dem Feuer die Asche in die Landschaft. Sie bilden die Brücken zwischen vier monströsen Kompositionen, die intensiver nicht sein könnten. "Sunbather" schürft tief, die Augen bleiben eine Stunde feucht. Deafheaven haben sich an kolossale Arrangements getraut und sich nicht verlaufen. Songs starten aus völlig unterschiedlichen Winkeln, geraten aber nie beliebig. "Vertigo" startet als mächtiger Post-Rock, wie ihn auch Russian Circles beherrschen. Der perfekte Titeltrack stürzt sich nach fünf Minuten in den Schlund der Dunkelheit. Und dann "The Pecan Tree": donnert erst los, dann besänftigt es mit zärtlichem Piano – bis im Finale die Gitarre eine Elegie vollführt, die alle Qual hinfortwischt und die Seele reinigt.

Noch mehr Platz als auf dem Debüt "Roads To Judah" räumen Deafheaven auf "Sunbather" dem Post-Rock ein. Er steht den Kaliforniern. Mehr noch. Das hier ist der definierende Moment einer ganzen Szene, der den Maßstab für alles setzt, was hier noch kommen wird. "Sunbather" ist in seiner Wucht kaum zu fassen. Und daher umso faszinierender.

Gordon Barnard

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Der Titeltrack von "Sunbather" auf soundcloud

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