Rezension

David Gilmour

Rattle That Lock


Highlights: Today // In Any Tongue // 5.A.M // And Then...
Genre: Progressive Pop // Rock
Sounds Like: Pink Floyd // Porcupine Tree // Anathema

VÖ: 18.09.2015

Muss man David Gilmour vorstellen? Eigentlich nicht, oder? Genau jener David Gilmour veröffentlicht mit „Rattle That Lock“ ein Soloalbum, nachdem er zuletzt Pink Floyd endgültig zu Grabe getragen hat. Dabei hat der streitbare Kopf der „Band“ in den Augen vieler keinen würdigen Abgang bereitet. „The Endless River“ floss gemütlich dahin, ein See aus Ambientflächen und Gitarrensoli Gilmours, der darüber hinaus aber das Singen vergaß. Auch 2015 hält nun neues Material aus dem Hause Gilmour bereit: „Rattle That Lock“ fällt es dabei leicht, besser zu sein als die letzte Platte der Referenzband. Denn natürlich geht es nicht ohne den großen Namen, wenn ein neues (in dem Falle das vierte seit 1978) Soloalbum des Hauptdarstellers ansteht, zumal im titelthematisch angelehnten "A Boat Lies Waiting" auch noch Richard Wright zu hören ist.

Gilmour selbst scheint das auch nicht zu berühren, denn natürlich startet „5.A.M“ mit der Art, Gitarre zu spielen, die man kennt, die man erwartet. Diese spezielle Form, diese Melodien, die sofort wissen lassen, mit wem man es zu tun hat – Gilmour hat dies über Jahrzehnte perfektioniert. „Shine On You Crazy Diamond“ Part 8,9,10 oder 135 – die hohen, langgezogenen Töne haben einen absoluten Wiedererkennungswert. Das Wort „Innovation“, früher einmal synonym für Pink Floyd, ist dabei zugunsten der Erfüllung von Erwartungen gewichen. Wozu auch nochmal Neues wagen? Gilmour hat einen Stil miterfunden, nun liefert er immer wieder neue Variationen des Gleichen ab. Wenn dies gelingt, umso besser – und auf „Rattle That Lock“ gelingt es – wenn nicht, führt dies zu Belanglosigkeiten wie „The Endless River“.

„Rattle That Lock“ hat also seine Momente. Das sind zum einen die drei Instrumentals nach oben beschriebenem Schema, die hier für angenehme Zwischentöne sorgen und eben nicht langweilig sind, weil zwischen Ihnen etwas passiert. Langgezogene Intros für Stücke wie den Titeltrack, oder eben auch „In Any Tongue“ etwa. Dieses ist eine dieser schwergefälligen Halbballaden, natürlich völlig am Rande der technischen Möglichkeiten überproduziert, dick aufgetragen und irgendwie schon mal dagewesen. Trotzdem schön anzuhören. Dass Gilmour soundtechnisch spätestens in den 80ern stehen geblieben ist, zeigt auch „Today“: Wie eine Symbiose aus Bowies „Let’s Dance“, angehauchten Backing-Vocals und ein wenig Pink Floyd kommt der Song daher – in der heutigen Retrowelt durchaus mit Stil. Apropos 1980er – selbst das Plattencover wirkt vertraut, nicht zuletzt durch „A Broken Frame“ von Depeche Mode.

„Rattle That Lock“ ist zwar kein weltbewegendes Album mehr, auch keine Rückkehr, die noch einmal frischen Wind in den Backkatalog des Künstlers bringt – anders als zum Beispiel David Bowies „The Next Day“, das clever mit Bezügen zur Vergangenheit spielt – dennoch kann es sich hören lassen. Das Fanlager wird nicht überstrapaziert und bekommt den Sound, auf den es gewartet hat, mitsamt einiger schöner zusätzlicher Momente, und den Beweis, dass Gilmour doch noch in der Lage ist, ganze Songs oder gar Alben zu schreiben. Lediglich die völlig unpassende Bar-Swing-Nummer „The Girl In The Yellow Dress“ ist absolut verzichtbar.

Klaus Porst

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