Rezension

Crystal Antlers

Nothing Is Real


Highlights: Rattlesnake // We All Gotta Die // Paper Thin
Genre: Garage // Dream-Pop // Beach-Punk
Sounds Like: Mikal Cronin // Mozes And The Firstborn // Tokio Police Club

VÖ: 18.10.2013

"Nothing Is Real" ist eigentlich ein Sommeralbum. Zumindest ist es der perfekte Soundtrack, um sich junge, schöne Menschen beim Surfen, Skateboardfahren unter Palmen, in der Garage musizierend vorzustellen. Verhallte Stimmen, rockige Gitarren, treibende Schlagzeugbeats, aufjaulende Orgeltöne, die Crystal Antlers bieten Songs, die rumpeln, nach vorne gehen, den Hörer aber auch mal zurückhalten – um, ganz klischeehaft, den Sonnenuntergang mit einem Dosenbier zu genießen.

Los geht es ziemlich gemächlich. Das glaubt man jedenfalls, wenn die ersten ruhigen Gitarrenanschläge von "Pray" zu hören sind. Dass man aber schon kurz darauf vom treibenden Schlagzeug und Jonny Bells jaulendem und rufendem Gesang aufgeweckt wird, war eigentlich von vornherein zu erwarten. "Rattlesnake" ist ein Auf und Ab von treibendem Punk-Rock und gediegenem Dream-Pop. Bells Stimme krächzt oder lullt den Hörer im Wechsel sanft erzählend ein. "Paper Thin" klingt sehr nach Gute-Laune-Musik von Tokyo Police Club und Konsorten, zu denen sich in der Indie-Disco die Tanzfläche füllt. Ebenso funktioniert "Persephone", das mit verzerrten Gitarren und einschmeichelnden Wiederholungen arbeitet. Unendlich oft gibt Bells "My Mind Controls My Body" von sich, obwohl man lieber glauben mag, dass die Crystal Antlers es bevorzugen, mal die Kontrolle abzugeben, statt sie zu wahren.

"We All Gotta Die" wirkt, wie der Titel bereits vermuten lässt, nachdenklicher, rumpelt nicht so sehr, ist dafür aber umso kraftvoller und emotionaler und mitunter eins der stärksten Stücke des Albums.

Die Crystal Antlers haben sich weiterentwickelt, sind spröde und kraftvoll, aber gleichzeitig auch wesentlich zugänglicher. Ihre Attitüde werden sie aber so schnell nicht ablegen. Bell erzählte zur Entstehung der Songs, dass sie zwar stimmig klingen sollen, da aber alle Crystal-Antlers-Mitglieder in Punk-Bands aufgewachsen sind, muss es immer mindestens ein Detail geben, dass irgendwen furchtbar nerven könnte. Sonst wären sie nicht mehr sie selbst. So bewegt sich "Nothing Is Real" irgendwo auf einer schmalen Linie zwischen großem, fast schon stadiontauglichem Pop-Rock und dreckigem, psychedelischen Punk und Noize. Durch den Pop-Appeal kommen die Songs gut an, reißen mit, wirken dank dem rauen, schmutzigen Sound aber niemals anbiedernd. Das ist genau die Mischung, die die Crystal Antlers so sympathisch macht – und zumindest in Gedanken auch in der deutschen Kälte die Sonne Kaliforniens für uns scheinen lässt.

Marlena Julia Dorniak

Hören


"Nothing Is Real" im Stream

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!