Rezension

Cornershop Feat. Bubbley Kaur

CornershopAnd The Double O Groove Of


Highlights: Supercomputed // The 911 Curry // Don't Shake It
Genre: Pop // Brit-Pop // Punjabi-Pop // Big-Beat-Pop
Sounds Like: Fatboy Slim // Bishi // Bollywood Soundtracks // Kula Shaker

VÖ: 18.03.2011

Es ist sicher nicht falsch anzunehmen, dass die meisten Menschen diesseits des Ärmelkanals Cornershop vor allem aufgrund der Remixe zu „Brimful Of Asha“ kennen. Der Reiz dieses Songs – jenseits des Norman-Cook-Remixes – war die Verbindung von Surf-Elementen, Anklängen an eine auf dem indischen Subkontinent heimische Harmonielehre, Brit-Pop und dem Akzent in Tjinder Singhs Gesang. Viele Jahre später, aber unter Umständen seit damals schon in Planung, veröffentlicht Singh nun ein Cornershop-Album, das den Akzent ausschaltet, indem es komplett auf in Punjabi vorgetragene Vocals setzt. Auch in anderer Hinsicht mag „Cornershop And The Double O Groove Of“ als vielfältige Vervollständigung dessen gesehen werden, wofür „Brimful Of Asha“ und seine Remixe die Grundlage bildeten.

Potentiell cluborientierte Arrangements, Tanzbarkeit, die aber nicht zu aggressiv propagiert wird und die maximale Verschmelzung von de facto Brit-Pop mit Harmonien, die für das westliche Ort quasi „Bollywood“ rufen, dies alles ergänzt Bubbley Kaurs Punjabi-Gesang. Gleich das eröffnende „United Provinces Of India“ führt das alles in ausgesprochen ansprechender Weise zusammen. Grundlage des Albums aber sind die beiden bereits 2004 veröffentlichten Tracks „Topknot“ und „Natch“. Wo ersteres eher sanft erklingt, die Clubtauglichkeit nur ganz subtil einbaut und die Blaupause für die hier präsentierte Vermählung von Brit-Pop und Punjabi-Folk darstellt, ist „Natch“ eine militärisch stampfende, vornehmlich auf die Rhythmus-Sektion konzentrierte Nummer. Im weiteren Verlauf des Albums wird die kreative und ansprechende Grundidee mit B-Movie-Thriller-Soundtrack-Motiven („The 911 Curry“), Cemballo-Einsatz („Double Decker Eyelashes“) und unterkühlten, klassischen Bläsern für die Nacht nach der indischen Hochzeitsfeier („Once There Was A Wintertime“) verbunden. Hinzu kommt mit „The Biro Pen“ zudem funkiger Barjazzpop und mit „Double Digit“ ein warmer, entspannt zurückgelehnter Dancefloorjazz. Besonders beeindruckt „Don’t Shake It“, das einerseits Bubbley Kaurs Punjabi-Vocals am geschicktesten in Szene setzt, andererseits durch seine Akustik-Gitarren- und Drum-Loop-Ästhetik glänzt und so insgesamt zu einer entspannten, perfekten Popnummer wird. Am tanzbarsten wiederum erklingt die Drumekstase des Punjabi-House-Funk „Supercomputed“, für den es nur das Label großartig geben kann.

Den Nicht-Bollywood-Fan kann auf „Cornershop And The Double O Groove Of“ Bubbley Kaurs Gesang sicherlich nerven. Dies ändert aber nichts an der durchgängig hohen Qualität des Albums. Mag ihr Gesang tatsächlich die ungemeine Musikalität der Musiker verdecken, trägt er doch auch zum Reiz des Albums bei. Tjinder Singh legt den Stücken durchgängig das Prinzip Tanzbarkeit zu Grunde, egal ob nun für die eigene Diaspora-Gemeinde im UK und weltweit oder auch für den durchschnittlichen Clubgänger, der noch ein gewisses Herz für einen End-1990er Surf-Bigbeat hat. In diesem Bigbeat- oder Dancefloorjazz-Bezug mag das Album fehl im Heute wirken, aber im ganzen Electro-Bratz-Bombast täte die Musikalität der späten 1990er tatsächlich ganz gut. Nicht nur deshalb ist „Cornershop And The Double O Groove Of“ ein wirklich geschmackssicheres und gelungenes Album. Somit warten wir weiterhin nur noch auf die Auferstehung von Propellerheads und Avalanches – umso mehr, als es scheint, dass bei der vorliegenden Platte der „Double O Groove“ im Albumtitel, die Instrumentierung und ein Song wie „Double Digit“ schon massiv mit einer Punjabi-Doppel-Null-Ästhetik spielen.

Oliver Bothe

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