Rezension

Cocoon

My Friends All Died In A Plane Crash


Highlights: Vultures // Cliffhanger // Hummingbird
Genre: Folk-Pop
Sounds Like: Rosie Thomas & Sufjan Stevens // Angus & Julia Stone // Agnes Kain // Beatbeat Whisper

VÖ: 13.03.2009

Die White Stripes des Folks zu werden, das war die größenwahnsinnige Idee, die dem 24jährigen Franzosen Mark Daumail vorschwebte, als er zusammen mit der knapp drei Jahre jüngeren Morgane Imbreaud vor drei Jahren das Folk-Pop-Duo „Cocoon“ ins Leben rief. Nur wenige Monate und zwei EPs später war das nun auch bei uns erscheinende Debütalbum mit dem düsteren Titel „My Friends All Died In A Plane Crash“ aufgenommen. Und was die beiden in dieser kurzen Zeit auf die Beine gestellt haben, ist in der Tat beeindruckend.

Wie auch ihre australischen Kollegen Angus & Julia Stone sehen Cocoon die Parallelen zwischen Musik und Literatur. Das Hören ihres Albums soll dem Lesen eines Buches gleichen. Beides stellt für sie eine Sammlung von Geschichten dar, seien sie gesungen oder geschrieben. Doch was ist es, was ihre Geschichten verbindet, was macht die Welt von Cocoon aus? Das wichtigste Element ist Mark Daumails und Morgane Imbreauds Gesang: wenn man die beiden singen hört, kann man kaum glauben, dass sie erst seit so kurzer Zeit gemeinsam musizieren. Etwas Niedliches haftet den Songs von Cocoon an. Ja, "niedlich" ist wohl der richtige Ausdruck für eine Band, die bei Konzerten die Bühne mit Kuscheltieren dekoriert. Gitarre und Ukulele kommen luftig daher, den Rhythmus gibt meist nur ein Tamburin vor und ein Überzug von leichten Streichern rundet das Bild ab.

Dass Cocoon aber längst nicht so harmlos sind, wie sie auf den ersten Eindruck hin zu sein scheinen, lässt bereits der Titel ihres Debüts erahnen. „My Friends All Died In A Plane Crash“ ist nicht die leichte Feel-Good-Platte, die sie mit dem Kätzchen auf dem Albumcover zu sein vorgibt. Schon der Opener „Take Off“ macht das mehr als deutlich: der Song scheint förmlich abzuheben, doch die verzweifelt gesungenen Zeilen „The take off is sometimes hard / I dream of a bodyguard“ wiegen dann doch zu schwer. Auf diesem Album findet sich so mancher Song, der einen betrübt zurücklässt. Sei es das emotional aufgeladene „Seesaw“, in dem schmerzliche Erinnerungen verarbeitet werden, das düstere „Tell Me“ oder der atmosphärische Song „Cliffhanger“. Diese geballte Dramatik wäre nur schwer zu ertragen, wenn Cocoon nicht auch einen Ausgleich bieten würden. Das beschwingte „Vultures“, das eine ausgelassene Spielfreude vermittelt, oder das verblüffend einfache „On my Way“ heben die Stimmung ungemein. Eine Menge Spaß machen auch das märchenhafte „Owls“ oder der „Christmas Song“, der sarkastische Verse wie „The reindeer may have have been shot / In the skies of the USA” in zuckersüße Harmonien verpackt.

Jeder Song hat hier seine Berechtigung, besitzt kleine Details, die ihn zu etwas Besonderem machen. Es fällt nicht leicht, die Highlights dieses Albums zu benennen, da die Favoriten je nach Stimmung wechseln. Trotz der Vielfältigkeit der Songs fügt sich auf diesem Album alles so zusammen, dass man es in einem Fluss durchhören muss – wie ein gutes Buch, das man nur schwer zur Seite legen kann. Die kurze Entstehungszeit merkt man „My Friends All Died In A Plane Crash“ keineswegs an. Es strahlt eine angenehm ungezwungene Atmosphäre aus und wirkt so ausgewogen, dass man gespannt sein darf, was von Cocoon noch zu hören sein wird.

Kilian Braungart

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