Rezension
Clint Mansell, Kronos Quartet, Mogwai
The Fountain Music From The Motion Picture
Highlights: Tree Of Life // Xibalba // First Snow // Death Is The Road To Awe
Genre: Original Soundtrack
Sounds Like: Mogwai // Sigur Rós // Ennio Morricone
VÖ: 12.01.2007
Musik in Worte zu fassen fällt um so schwerer, je stärker die Emotionen sind, die von ihr ausgelöst werden, je komplexer ihre Arrangements, je mehr sie nach Deinem Herz greifen und dabei Gehirn und Gehör zu umgehen suchen. Clint Mansells Score zu Dan Aronofskys Film „The Fountain“, eingespielt mit und durch Kronos Quartet und die Glasgower Helden von Mogwai, gehört zu dieser nur mit Mühe erklärbaren Musik.
Wenige kleine Motive machen den Kern des Albums aus. So wenig in der Tat, dass es erscheint, als könne Langeweile aufkommen. Die Arrangements wissen dies zu verhindern. Immer variierende Betonungen und Inszenierungen fördern aus immer wieder ähnlichen Tonfolgen immer neue Gefühle hervor, die zu analysieren und zu begreifen schwer fällt. Den ausgelösten Empfindungen gemein ist eine Schwere, ein Druck, eine Düsternis. Selten nur finden sich aufmunternde Momente. Heiterkeit sucht man vergeblich. Moll siegt über Dur und selbst kurzzeitig hell klingende Glockentöne versinken hinter Streicherkaskaden und spielen ihre Rolle im hoch konzentrierten – im Sinne von verdichtet – Geschehen des gehörten Albtraums.
Einem Angstgeschehen, das sicher durch die Arbeit des Komponisten Mansell nur diese enorme Wirkung entfaltet, die aber vielfach in seinen Strukturen an das Mogwaische Schaffen gemahnt. Dennoch ist die Instrumentierung in weiten Teilen durch die Streicher des Kronos Quartets bestimmt, bzw. wenn man Mogwai deutlich wahrnimmt, sind es meist die sanften, ruhig fließenden Piano-Führungen, die man nicht zuletzt vom letztjährigen „Mr. Beast“ kennt.
So haben sich hier offenbar drei – oder mit dem Regisseur des zugrunde liegenden Films vier – seelenverwandte Körperschaften gefunden. Die Einzelpersonen Aronofsky und Mansell und die beiden Gruppen Mogwai und Kronos Quartet. Und das, um einen einzigartigen und aus einem Guss gewonnenen Klangkörper zu schaffen, der einen verzweifelt zurück lässt. Es ist eine Musik, die Dir depressive Schübe verpassen und paranoide Schauer den Rücken runter laufen lassen kann. Wo auf Aereogrammes „My Heart Has A Wish That You Would Not Go“ die Band versucht, progressive Musik für die Breitwand zu inszenieren, gelingt hier der umgekehrte Weg, für den Kinosaal gedachte klassisch geformte Musik in einen popkulturellen Kontext zu transponieren, und so ein progressives Pop-Publikum zu erreichen und sogar ernsthaft zu berühren. Wo Aereogrammes Musik fast übermäßig kitschig, bombastisch und pathetisch wirkt, lassen sich diese Eigenschaften hier nur bösartig diagnostizieren. Was so erscheint, gehört zum Körper der präsentierten Musik, sind die Extremitäten am Rumpf dieses Werkes, die sich in ihrer unendlichen Zahl und Länge nach Dir ausstrecken, um Dich sich einzuverleiben. Sie bilden mit der Musik eine unverwüstliche Einheit, die versucht, mehr und mehr Hörer zu gewinnen. Möge es ihnen gelingen.
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