Rezension
Clara Luzia
Here's To Nemesis
Highlights: Cosmic Bruise // The Drugs Do Work // This House
Genre: Indie-Pop
Sounds Like: Gustav // Blackmail // Velojet
VÖ: 09.10.2015
Wie kann sich wohl ein Album, das schon dem Titel nach der griechischen Rachegöttin gewidmet ist, anhören? Na klar: zornig, wütend, nach breiten Gitarrenwänden. Oder doch eher ganz zart, eingängig und süß? Wie die Rache nunmal so ist: nach alledem. „Here's To Nemesis“ ist das neue Album der Wiener Musikerin Clara Luzia. Das sechste und vielleicht letzte Album ihrer Solo-Karriere dreht sich also um Vergeltung, aber auch um Balance, steht die mythische Nemesis doch auch für die ausgleichende Gerechtigkeit.
Hinsichtlich des ersten Themas schließt sich „Here's To Nemesis“ nahtlos an Clara Luzias vorheriges Wirken an: Vergangenes Jahr steuerte sie mit „Sinnerman“ den Titelsong zum vielgelobten Alpen-Western „Das finstere Tal“ bei, in dem Rache und Gewalt einen essentiellen Platz einnehmen. In einem Interview mit der Tageszeitung Kurier beschreibt Clara Luzia „Sinnerman“ als Blaupause für den neuen Sound. Dieser ist auf „Here's To Nemesis“ etwas weniger breitwandig als auf den letzten Alben. Das mag hauptsächlich daran liegen, dass die Platte im Gegensatz zu früheren Veröffentlichungen lediglich im Trio aufgenommen wurde – mit pauT am Bass und Catharina Priemer hinter den Drums. Darüber hinaus trug der britische Produzent Julian Simmons zum Feinschliff des neuen Soundkonzepts bei.
Gleich im Opener „Cosmic Bruise“ wird Nemesis angerufen und es geht musikalisch sehr eingängig, textlich dafür umso abstrakter, um den Fall der Mächtigen. Der zweite Song „The Drugs Do Work“ kann vielleicht als Antwort auf The Verve verstanden werden, wobei hier die Frage offen bleibt, ob die Drugs auch wirklich die gewünschte Wirkung haben: „It looks right from the distance, but the killer is in your arms.“
In der Tat hört sich „Here’s To Nemesis“ so an, wie kein Clara-Luzia-Album zuvor. Ein Novum für die ursprünglich aus dem niederösterreichischen Weinviertel stammende Sängerin sind auch die beiden Cover-Versionen. Insbesondere das Lana-Del-Rey-Cover „West Coast“ verdeutlicht dabei die ganze Spannweite des Albums zwischen poppig und politisch. Zumindest was das Politische angeht, steht die neue Scheibe freilich wieder ganz in der Tradition der bisherigen fünf Alben: Stets geht es um die „Suche nach dem richtigen Leben im falschen“, wie der Pressetext zu berichten weiß und damit Adorno herausfordert. Dabei geht es Clara Luzia natürlich um deutlich mehr als die bloße Attitüde und den berüchtigten Wiener Grant.
Überhaupt, Wien. Wienwienwien, die Stadt, die 2015 ihre Wiederauferstehung am Pophimmel erleben durfte. Mit der „neuen österreichischen Welle“ um Wanda, Bilderbuch und Konsorten hat Clara Luzia aber recht wenig gemein. Stattdessen sieht sie den Erfolg dieser Bands realistisch: Er bringe eben nur diesen „und ihrer Entourage etwas, aber sonst niemandem“. Dabei könnte man vielleicht behaupten, die Sängerin hätte mit einigen anderen das gesät, was Wanda jetzt ernten. Schon seit über 15 Jahren ist sie in der Wiener Musikszene aktiv, eine Zeit, die für die Entwicklung von Indie in Österreich sehr spannend war. Den derzeitigen Hype um Popmusik aus dem Alpenland kommentiert sie allerdings nur lakonisch: „Nun professionalisiert und institutionalisiert sich wieder alles mehr – was auch sein Gutes hat, aber es auch wieder ein bissl fader macht.“
„Here’s To Nemesis“ zumindest ist ganz und gar nicht fad. Schade bloß, dass man außerhalb Österreichs so wenig davon hört.
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