Rezension

Children

Leaving Home


Highlights: Cut // Grace // No Future
Genre: Indiepop
Sounds Like: Hundreds // Me And My Drummer

VÖ: 05.09.2014

Bei einer Band namens Children ist der Name des ersten Albums ja schon irgendwie vorgezeichnet: „Leaving Home“, das ist ja auch das, was Kinder früher oder später einmal tun. So hat es auch die drei Nestflüchter Laura, Steffi und André vor sechs Jahren aus dem beschaulichen Neustrelitz nach – wohin wohl? – Berlin verschlagen. Die Ambivalenz der Band wird schon in dieser Konstellation einigermaßen deutlich. Einerseits sind sie irgendwie raus von Zuhause, andererseits aber auch nicht allzu weit. Die drei Bandmitglieder kennen sich schon aus der gemeinsamen mecklenburgischen Kindheit und produzieren nun in Berlin Musik, die keineswegs nach Zugezogenen-Sound klingt. Auf den acht Songs von „Leaving Home“ findet sich keine Spur Berliner Hektik, kein Gefühl des Alles-schnell-und-zwar-sofort, keine Angst, irgendetwas zu verpassen, sollte man sich nicht dem Tempo der Touristenströme in den selbsternannten „Szenebars“ angleichen. Stattdessen hören wir hier unaufgeregten Indiepop, der auf ein Gerüst von minimalistischen Beats und sanften Synthieflächen aufbaut.

„Leaving Home“ war Texter André zufolge nicht als Konzeptalbum geplant und doch ziehen sich erwartungsgemäß die Themen Erwachsenwerden und Weggehen durch die acht Songs. Gibt man den Albumtitel und den nur bedingt Internet-kompatiblen Bandnamen in eine Suchmaschine ein, wird man passenderweise mit ungefähr 13800000 Treffern zum Thema Empty-Nest-Syndrom konfrontiert. Dieses bezeichnet das Phänomen einer psychologischen Krisensituation, von der vorzugsweise Frauen betroffen sind, wenn die eigenen Kinder den Einflussbereich der Eltern verlassen. Das allwissende Internet gibt betroffenen Eltern den Ratschlag, sich ein neues Hobby zu suchen, um ernsthafte Depressionen abzuwenden – das aufmerksame Durchhören von „Leaving Home“ dürfte gestresste Nerven aber zumindest fürs Erste auch beruhigen. Die Kinder können schon auf sich selbst aufpassen, die packen das! Zeilen wie „No beauty will last / no future will fit / we just own the past / that's the beauty of it“ aus „No Future“ hören sich ja auch schon ziemlich abgeklärt, smart und ja, auch irgendwie erwachsen an. Vor allem die erste Hälfte des Albums kann noch mit einigen weiteren textlichen Schmankerln aufwarten, die uns die beiden Sängerinnen Steffi und Laura um die Ohren schmeicheln. Dabei klingen sie leider nie so kraftvoll wie etwa Eva Milner von Hundreds, mit deren Musik sich Children am ehesten vergleichen lassen – aber hey, da muss ja auch noch Luft nach oben sein!

„Leaving Home“ zeigt auf jeden Fall, dass Children flügge geworden sind. Und das Album deutet auch schon an, dass diese Band großes Potential hat – vielleicht wagt sie in der Zukunft, ihre Flügel noch ein bisschen weiter auszustrecken.

Christoph Herzog

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