Rezension

Bonnie 'Prince' Billy

Beware


Highlights: Beware Your Own Friend // I Don't Belong To Anyone
Genre: Country/Folk
Sounds Like: Palace Music // Iron & Wine // Neil Young

VÖ: 13.03.2009

Auf die neue Bonnie-“Prince”-Billy-Platte angesprochen, meinte zuletzt ein Kumpel zu mir: “Ich find die einfach Wahnsinn, aber ich bin auch voreingenommen. Wenn Will Oldham seinen Furz auf Platte bannen würde, würde ich sie trotzdem kaufen und euphorisch bejubeln.”

Die gute alte Geschichte vom Fan und der Furzplatte ist bei Bonnie “Prince” Billy durchaus angebracht. Nicht etwa, dass “Beware” in irgendeiner Weise das niedrige Niveau eines analen Lüftchens hat, mitnichten, sondern vielmehr, weil das, was Will Oldham anfasst, zumindest in den Augen seiner treuen Zuhörerschaft zu Gold wird. Da sich diese Zuhörerschaft aber von diversen Plattenladenbesitzern über die intelektuellen Feueilletonisten und die spektische Spexredaktion bis hin zu Hypemagazinen erstreckt, bekommt der naive, aber interessierte Leser den Eindruck, dass es an Will Oldham und seinem musikalischen Schaffen kein Vorbeikommen gibt. Die gute Nachricht: es gibt definitiv ein Vorbeikommen, auch wenn “Beware” mal wieder ein durchweg gutes Album ist.

Subjektiv stören mich an “Beware” allerdings zwei Dinge: zum einen das “ mal wieder [...] durchweg gut[...]” und zum anderen die damit verbundene Routine. So hat der eremitigste Eremit unter den langbärtigen Alternativen selten einen Ausfall, gleichzeitig verstrickt er sich aber dennoch irgendwie immer in Vorhersehbarkeiten. Die neue Platte ist ein reines Countryalbum, das, auch wenn das Cover anderes vermuten lässt, kaum dunkle Töne anstimmt. Und gerade da liegt der Knackpunkt. Die Routine war in der Melancholie verzeihbar, wirkt aber so oft irgendwie egal. Das dürfte zumindest der Eindruck jener Musikinteressierter sein, die “Beware” oder “Lie Down In The Light” hören und es als Stellvertreter des gesamten Schaffens Will Oldhams sehen. Hier kommt die Musik den musikjournalistischen Prophezeihungen oft nicht nach. Stattdessen sollte man sich an den frühen Palace-Brothers-Sachen oder dem grandiosen “I See A Darkness”, dessen Titelsong von Johnny Cash gecovert wurde, versuchen. Denn das sind auch jene Werke, die als Schatten über den letzten Veröffentlichungen liegen. Und ich wage zu behaupten, dass man die Tiefe, die Platten wie “Beware” und seine beiden Vorgänger definitiv beinhalten, nur dann nachvollziehen kann, wenn man sich auf den Olymp des Oldham'schen Schaffens gewagt hat.

So oder so ist “Beware” aber wieder einmal ein Album, dass die Zeit stillstehen lässt, zweifellos. Wie Oldham selbst ist auch seine Musik ein abgeschotteter Körper in der modernen Gesellschaft, in ihr lebend, von ihr zehrend, aber immer wieder einen absoluten Gegensatz zu ihr bildend. Während als Menschen mit ihren Blackberrys und iPhones und MacBooks und Kindles an einem vorbeilaufen, wirkt ein Song wie “I Don't Belong To Anyone” mit seiner vertonten Abwesenheit wie eine Medizin, wie ein Beruhigungsmittel, das einen, zumindest zeitweise aus der künstlich schnelllebigen Gesellschaft, deren Teil wir zweifellos sind, auszuklinken vermag. Für die Zeit einer Albenlänge so zu leben, wie man es von Oldham erwartet, ist eine Erfahrung, die alleine das Hören der Platte rechtfertigt.

Vielleicht wird mit obiger Empfehlung mehr aus dieser Liaison und der Kreis der Heldenverehrer weitet sich. Ein Teufelskreis?!

Andreas Peters