Die Brasilianer erobern den tanzflächentauglichen Alternative aka Bastard-Pop aka Electro-Clash. Nach CSS (Cansei De Ser Sexy), die an mir mehr oder weniger unbeachtet vorbeigegangen sind, kommen nun also Bonde Do Role.

Nicht nur aktuell als Support von CSS, sondern auch auf ihrem Album Bonde Do Role präsentieren die drei Kaffeehaus-Besetzer ihre (weiße Mittelstands-)Version des Baile Funk. Der deutschsprachige Hörer denkt bei Marina Vellos Sprechgesang vermutlich an Tic Tac Toe, nimmt dann jedoch ausschließlich die Trash-Komponente der queeren Musik des Trios wahr. Die Noch-Einwohner von Rio und zukünftigen Berliner sind im großen Sommertheater der hedonistischen Acts, die dieses Jahr auf uns losgelassen werden, die erste Band, die den Autor dieser Zeilen überzeugt – ihn wild tanzend Steaks braten oder doof grinsend Kaffee verplempern lässt.

12 Songs in etwa einer halben Stunde plündern fleißig Beats und Samples aus der Pop-Historie. Darüber braten Marina Vello und Pedro D’eyrot ihre Vocals, die im portugiesischen Dialekt Pajuba abgefasst sind. „Tieta“ verzückt voller Abstrusität und rhythmuslastig. Nicht nur zum Abzappeln geeignet sondern implizit – der Herkunft geschuldet? – sambatauglich reißt er mit. Ähnlich gibt sich „Dança Do Zumbi“. Madonna und !!! treffen sich bei „Quero Te Amar“, nachdem „Solta O Frango“ schon die Hochzeit von C64 und Sambatrommeln und Naughty By Nature bezeugte. Der mit Remixen von CSS und Architecture In Helsinki geehrte „Office Boy“ setzt den Kreuzzug in Richtung Rock-Gitarre fort und lässt wie die Vorgänger unsere Münder offen stehen.

Schräg, schräger, Bonde Do Role. Das Blasen auf Kämmen, James-Bond-Titeltracks und Africa-Bambataa-Kopien. Nichts ist heilig, und alles darf durch den Fleischwolf gedreht werden. Es wird nicht lange gefackelt, sondern Beats und Bässe und Geschrei gehen sofort in die Beine. Egal ob traditionell oder elektronisch, es gibt für die Band nur ein Ziel, uns und sich eine gute Zeit zu bereiten. Das kann ganz schön anstrengen, sowohl akustisch als auch in den Füßen, gelingt aber ohne große Probleme.

Tic Tac Toe wurden oben bereits erwähnt und müssen hier noch einmal herangezogen werden. Bonde Do Roles Musik ist und bleibt am Ende vor allem eines: Trash, weniger auf Eurovision-Song-Contest-Niveau, sondern in der Art, wie Deichkind die letzten Jahre Trash machen oder wie Peaches' Musik trashige Elemente enthält. Das hindert diese Künstler und uns nicht daran, eine gute Zeit zu haben. Und mehr wollen sie ja gar nicht. Also no brains all balls. Oder so.

Oliver Bothe

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