Die wissen, wie es geht. Vier blutjunge Freunde aus Nordlondon nennen sich Bombay Bicycle Club und nehmen Ende 2008 ihr Debütalbum auf. 'I Had The Blues But I Shook Them Loose' erscheint fast eineinhalb Jahre später hierzulande und sorgt für weit weniger Aufsehen als in UK. Da bei aufsehenerregenden Bands aus und hypenaher Berichterstattung im UK hauptsächlich der NME seine tausend ausgestreckten Fühlerchen im Spiel hat, ist grundsätzlich Vorsicht geboten. Diese Vorsicht schlägt im Falle von Bombay Bicycle Club aber um in Lethargie und so wird das Debüt der Engländer nur halb so enthusiastisch wahrgenommen, wie es das verdient hätte.

Der erste Eindruck, den 'I Had The Blues But I Shook Them Loose' macht, ist, dass die Jungs um Sänger Jack Steadman ganz genau wissen, was sie tun. Weder rohe musikalische Gewalt, noch 80er-Verhunzungen oder exzessives Ausleben modischer Novitäten sind von Nöten, um den perfekt arrangierten Indie-Pop an den Mann zu bringen. Sie verschaffen sich Gehör durch das pure Wissen um den amerikanischen wie angelsächsischen Indie-Pop der letzten 15 Jahre und eine beseelte Umsetzung des längst dagewesenen Stoffes. Deswegen erinnert 'I Had The Blues But I Shook Them Loose' in seinen Britpop-Momenten an Blur, ebenso aber auch an das Geschrammel der Broken Social Scene. In ruhigeren Momenten, wenn das von Suren De Saram perfekt getimte Schlaginstrument mal zurückgenommen wird und die oft funkig angeschlagenen Chords verstummen wie im letzten Song der Platte „The Giantess“, fühlt man sich gar an Bon Iver erinnert. Allein die Referenzen beweisen, welch Wissen um die frühere Musikgeschichte vorhanden ist und Songs wie 'Dust On The Ground' oder 'Always Like This' legen Zeugnis davon ab, dass auch die praktische Umsetzung perfekt geglückt ist.

Bombay Bicycle Club bedeutet Musik, die sich selbst nicht zu ernst nimmt und dabei eine nahezu unheimliche Leichtigkeit versprüht und doch frei von jeder Ironie ist. Solche Musik entsteht, wenn sich Musikfanatiker an die Arbeit machen, ihr theoretisches Wissen über Popmusik umzusetzen. Sie funktioniert auf der Referenzebene weit weniger als auf der reinen Genussebene. Denn 'I Had The Blues But I Shook Them Loose' versucht nicht neu, hip, besonders bahnbrechend oder retrospektiv zu sein. Stattdessen begibt es sich auf die bereits von Anderen beackerten Felder und macht sich richtig dreckig.

Andreas Peters

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