Rezension

Black Rivers

Black Rivers


Highlights: The Ship // The Forest // Voyager 1 // Age Of Innocence
Genre: psychedelischer Indie-Brit-Pop
Sounds Like: Foxygen // Doves // Metronomy

VÖ: 20.02.2015

Von einem Debütalbum zu sprechen fühlt sich im Fall von Black Rivers irgendwie falsch an. Die Zwei-Mann-Band kommt nämlich keineswegs aus dem Nichts. Höchstens vielleicht aus der Versenkung oder den Trümmern. Die Zwillingsbrüder Andy und Jez Williams haben jetzt schon ein überaus bewegtes Musikerleben vorzuweisen. In Madchester-Zeiten waren sie Part der umjubelten EDM-Band Sub Sub. Nachdem ihr Studio in der Blossom Street an ihrem Geburtstag 1996 niederbrannte, schickten sie sich gemeinsam mit Sänger Jimi Goodwin an, als Phönix aus dieser Asche zu einer der, wenn schon nicht erfolgreichsten, so doch einflussreichsten Britpop-Bands der Nullerjahre aufzusteigen. Ganz bescheiden, nicht unter dem Namen des Fabeltiers, sondern als Tauben: Doves.

Nachdem auch dieses Kapitel sein vorläufiges Ende gefunden hat, arbeiten die Williams-Twins nun also unter dem leicht generisch anmutenden Namen Black Rivers zusammen. Wer jetzt eine Verzweiflungstat zweier Musiker, die ihren Zenit bereits überschritten haben, erwartet, wird gleich zu Beginn des selbstbetitelten Albums eines Besseren belehrt. „Diamond Days“ ist ein sommerlicher Popsong mit Ohrwurm-Qualitäten und doch auch ein trügerischer Einstieg in das Album. Denn schon mit „The Ship“ – einem der herausragenden Songs der Platte – nimmt diese eine sehr unerwartete Wendung. Anfangs wird die Gitarre aus dem Opener hinübergerettet, hier etwas mehr lagerfeuer- als badeseemäßig. Nach weniger als einer Minute wird diese Stimmung jedoch abrupt durch eine treibende Keyboard-Melodie unterbrochen. Die Marschrichtung, die für das ganze weitere Album vorgegeben wird, ist fortan psychedelischer und elektronischer als man es in Kenntnis der alten Doves-Alben erwartet hätte. „The Forest“ erinnert dann in Stil und Harmonieführung ein klein wenig an diverse Songs von Foxygen oder Metronomy – was durchaus als Adelung zu verstehen ist.

Komplett ohne Ausfälle geht es ähnlich hochklassig weiter. „Black Rivers“ erscheint dabei extrem homogen, obwohl jeder Song ganz eigene Soundstrukturen entwickelt und sich in immer neuen Eigenarten ergeht. „Harbour Lights“ etwa, das mit sexy französischsprachigem Gesang und einem wabernden Synth-Sound from outer space aufwartet, könnte für sich genommen schon als ganz schön weird bezeichnet werden, ergibt im Albumkontext jedoch absolut Sinn. Das daran anschließende „Voyager 1“ nimmt das Raumfahrtthema auf, spiegelt es jedoch zu einem überaus vielschichtigen Song. Statt der grenzenlosen Leere des Raumes sprießen hier kosmische Blumen und Lichtblitze schießen um unsere Köpfe. Die Melange aus Komplexität und Pop-Appeal erinnert fast ein wenig an Radioheads „In Rainbows“.

Ein weiterer Höhepunkt auf dem Weg zum elegischen Ausklang des Albums „Deep Rivers Run Quiet“ ist das Uptempo-Stück „Age Of Innocence“. Dieser Zappelsong zwingt förmlich zum Fußwippen und schafft es erstaunlicherweise, eine Spannungskurve aufzubauen, obwohl schon von den ersten Takten an Vollgas gegeben wird.

„Black Rivers“ ist das Werk zweier altgedienter Heroen, die beweisen, dass sie noch immer hungrig sind. Alterswerk? Mitnichten! Das hier macht Lust auf mehr und klingt frischer als die Gazpacho meiner Tante Blanca. Die anstehende Tour zusammen mit Noel Gallagher wird wahrscheinlich dafür sorgen, dass Black Rivers die ihnen gebührende Aufmerksamkeit erhalten.

Christoph Herzog

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