Rezension

Basement Jaxx

Scars


Highlights: Raindrops // Feeling's Gone // Twerk // Scars
Genre: Electronica // House // Dance // RnB
Sounds Like: Chemical Brothers // Gnarls Barkley // Bob Sinclair // Daft Punk // Simian Mobile Disco

VÖ: 18.09.2009

So bunt, wie sich das Cover der neuesten Scheibe von „Basement Jaxx“ gibt, so überraschend ist der musikalische Auftakt der Platte. Düster und bedrohlich wirkt der Anfang von „Scars“. Ein verzerrtes „Baaaseeemeeent Jaaaaxx“ kündigt harte Breaks, finstere Synthies und dramatische Streicher an. Nach gut einer Minute treten R'n'B-artige Vocals von Gastsängerin Kelis hinzu – augenblicklich verpufft die Dramatik. Zwar laufen im Hintergrund die choralen Synthies weiter, doch die soften Stimmen im Vordergrund verwässern das Bild.

Irgendwas passt hier nicht zusammen: die erste Minute des Songs nicht zu den restlichen drei und der gesamte Song noch viel weniger zum ganzen Album. Dieses präsentiert sich nicht düster und vertrackt, sondern ausgesprochen fröhlich und einfach. Bubblegum-Pop wäre eine passende Bezeichnung, womit wir wieder bei den lustigen bunten Farben wären. „Raindrops“ beispielsweise, die erste Single, dürfte mit flottem Beat, spieluhrartigem Sound und einigen Breakdancer-Synthies die Festzelte der Republik auf den herbstlichen Volksfesten in diesem Jahr beschallen. Das ist nicht despektierlich gemeint, die Fähigkeit, den perfekten vierminütigen Dance-Pop-Song zu schreiben, besitzt das Londoner Duo definitiv. Herbst-Depressionen adé. Außerdem geben Ambience-Einflüsse und orientalische Akzente „Raindrops“ eine gewisse Prise Wiedererkennungswert. Die Seichtigkeit, die solch einen Track groß macht, wohnt auch „Feelings Gone“ inne. Die Nummer klingt unglaublich frisch und unglaublich abgegriffen zugleich. Mehr Pop geht nicht.

Die Liste ließe sich fortsetzen, ob nun bei „My Turn“, bei dem Lightspeed Champion an housigen Clubsounds samt Akustik-Gitarre und Schmalz-Gesang mitwirkte oder bei „Day of the Sunflowers“, das wie eine gut gemixte 80er-Jahre-Disco-Hommage an die 68er-Generation klingt. Letzterem Song leiht übrigens Yoko Ono ihre Stimme. Mantraartig wiederholt sie „We march on“ und am Ende taucht ein peinliches Stöhnen auf – ob sie die Urheberin ist, ist nicht überliefert.

Erwähnt sei an dieser Stelle noch das unfassbar kitschige „A Possibility“, mit dem wir die kurze Negativ-Liste beiseite legen und uns weiteren gelungenen Aspekten des Albums zuwenden können. „Twerk“ ist eine schnoddrige Hardhouse-Nummer, die den Disco-Klassiker „Maniac“ durch den Schredder jagt, um einige Samples in bester Bollywood-Manier wieder aufleben zu lassen. Am Ende klingt der Track fast nach Grime, selbst der unpassende Break in der Mitte mit dem kitschigen Gesang gibt einem ein gutes Gefühl: Man gewinnt den Eindruck, dass die Jungs durchaus wissen, dass man Graupen wie „A Possibility“ stets mit einem zwinkernden Auge betrachten sollte.

„She's No Good“ gibt sich beswingt und könnte auch von Gnarls Barkley stammen. Auffällig sind hier, wie im gesamten Album, die vielen Synthie-Layer und die Verwendung verschiedenster Sound-Effekte. Das Ende ist in ein Uptempo-Gewand gekleidet und leitet zu „Saga“ über, bei dem Santigold einen Gastauftritt hat.

Bleibt die Erkenntnis, dass Basement Jaxx eine riesige Tüte bunte Bonbons fabriziert haben – einige davon sind hier nicht explizit erwähnt worden – , in die man gerne zwischendurch „für den kleinen Hunger auf was Süßes“ greifen kann. Aber Vorsicht: Einige der Bonbons sind reichlich klebrig und passt man nicht auf, ist die Tüte schneller leer als man "Baaaseeemeeent Jaaaaxx" sagen kann.

Mischa Karth

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