Rezension

AnnenMayKantereit

Alles Nix Konkretes


Highlights: Oft Gefragt // Barfuss Am Klavier
Genre: Pop // Singer-Songwriter
Sounds Like: Clueso // Bosse

VÖ: 18.03.2016

Über AnnenMayKantereits erstes offizielles Studioalbum “Alles Nix Konkretes” wurde in den letzten Wochen schon fast alles geschrieben. Kritiker, vom kleinen Blog bis zur großen Wochenzeitung, haben mit der neuen Platte der Kölner den Untergang der deutschen Popmusik herbeigeredet, was wiederum einige recht beleidigte Reaktionen hervorrief. Einerseits verständlich, sind doch die einen oder anderen Kritiken hier und da übers Ziel hinaus geschossen, aber andererseits bleibt “Alles Nix Konkretes” schlicht und ergreifend enttäuschend.

Die erste Enttäuschung kam dabei schon bei der Veröffentlichung der Tracklist des Albums. Wenn nach mehreren Jahren ausgiebigen Tourens und der Veröffentlichung eines inoffiziellen Albums und einer EP auf dem Debüt von zwölf Liedern nur zwei unbekannt sind, kann man sich als alter Hörer schon fragen, ob man wirklich zur Zielgruppe des Werks gehört. Man wird sicherlich viele Leute mit diesem Album kriegen, die “Oft Gefragt” oder “Barfuss am Klavier” aus dem Radio kennen, aber Leute, die AnnenMayKantereit schon eine halbe Stunde bei Youtube gesucht haben, wird man damit nicht überzeugen können. Dass man es schafft, mit “Oft Gefragt” einen Song schon zum dritten Mal zu veröffentlichen, setzt dem Ganzen die Krone auf.

Hört man dann die CD wirklich das erste Mal, bestätigt sich die anfängliche Enttäuschung, da die besten Songs auf “Alles Nix Konkretes” leider auch die bekanntesten sind. Kein Überraschungsmoment, keine neue Melodie, die einen aufhorchen lässt, es scheint fast, als hätten Henning May und Co. mit der Youtube-Veröffentlichung von “Oft Gefragt” und “Barfuss Am Klavier” vor mehr als einem Jahr ihren Zenit erreicht. Musikalisch sind die meisten anderen Lieder des Albums viel zu dünn und viel zu sehr auf die sicherlich klasse Stimme des Frontmanns fixiert. Wahlweise klingen die Kölner zu sehr nach Straßenband, die beim Intro von “Hit The Road Jack” ein wenig improvisiert oder nach dem deutschen Klon von Mumford & Sons. Aber auch textlich offenbart man einige Schwächen. Dass man thematisch wahrscheinlich nie vom typischen Studentenleben in den Zwanzigern wegkommen wird, ist geschenkt, aber wenn die Songs nicht an die Melodien ihrer “Klassiker” herankommen fallen die schwächeren Lyrics schon eher ins Gewicht. Der Tiefpunkt wird dabei zum Ende hin mit “Das Krokodil” erreicht, das eher klingt wie das erste selbst geschriebene Stück einer Schülerband als ein Teil des meisterwarteten Debüt-Albums des Jahres und bei dem man spätestens nach dem Refrain überhaupt kein Problem mehr damit hat, die Platte für längere Zeit im CD-Regal verschwinden zu lassen.

Vielleicht haben AnnenMayKantereit einfach den richtigen Moment für die Veröffentlichung von “Alles Nix Konkretes” verpasst. Vielleicht hätte die Band das eine oder andere Konzert weniger spielen und sich der Fertigstellung der Platte widmen sollen. Jetzt, nachdem die Band eh schon in aller Munde ist, sind die älteren guten Songs langsam totgehört und die neueren enttäuschenden sind es gar nicht erst wert so oft gehört zu werden, was einem, denkt man an das erste Mal Hören von “Barfuss Am Klavier”, durchaus schade vorkommt.

Lewis Wellbrock

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