Rezension

Ani DiFranco

Which Side Are You On?


Highlights: Life Boat // Which Side Are You On?
Genre: Singer/Songwriter // Jazz // Folk
Sounds Like: Tori Amos // Joni Mitchell // Andrew Bird // Aimee Man

VÖ: 20.01.2012

"The sky is grey / The sand is grey / And the ocean is grey" – Zeilen des Stücks “Grey” von Ani DiFrancos 2001er Album “Revelling/Reckoning”. Lediglich ein kurzer Blick aus dem Fenster reicht aus, um zu erkennen, dass sich dieser Song auch gut und gerne in den andauernden Winter 2012 einbetten ließe. Doch es würde der New Yorker Songwriterin nicht gerecht, einen elf Jahre alten Song zu nehmen, um die kargen und frostigen Tage in dieser Zeit zu beschreiben.

Vielmehr unternimmt Ani DiFranco stattdessen mit ihrem mittlerweile siebzehnten Studioalbum “Which Side Are You On?“ einen Versuch, etwas Farbe und Wärme in die anhaltende, winterliche Tristesse zu bringen. Bei diesem Vorhaben unterstützt wird sie musikalisch unter anderem von Pete Seeger, Ivan und Cyril Neville (The Neville Brothers), Anaïs Mitchell und dem Gitarristen Adam Levy (Norah Jones, Tracy Chapman), mit deren Hilfe ein Album herauskam, das sich mehr oder minder in Ani DiFrancos musikalischen Werdegang eingliedern lässt.

Von der einst sehr nach Folk klingenden, feministischen Politaktivistin, hinweg über Punk zum Funk, bis hin zur heutigen Jazzaffinität der Künstlerin. Und eben so wie sich Ani DiFranco musikalisch von ihren Anfangstagen verabschiedete, hat sie sich leider auch inhaltlich von ihren früheren Niederschriften entfernt. Ihrem einstigen Status als Sprachrohr des Feminismus sagte sie schon vor längerer Zeit auf Wiedersehen, doch “Which Side Are You On?“ macht deutlich, dass es so schnell wohl nicht zu besagtem Wiedersehen kommen wird. Zwar setzt sie sich textlich wieder mit politischen und persönlichen Themen auseinander, die teilweise auch berühren und zum Nachdenken anregen, doch die Betonung liegt hier leider auf dem Wort „teilweise“. Denn abgesehen von dem fantastischen Opener “Lifeboat“, bei dem Ani ergreifend aus der Sicht einer Obdachlosen singt, bietet das Album dann doch zu wenig Berührendes, um den kargen Winter farbenfroher erscheinen zu lassen, und enthält zu wenig Wärme, um der anhaltenden, winterlichen Tristesse entgegen zu wirken.

Benjamin Schneider

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