Rezension

Amateur Best

The Gleaners


Highlights: 19 // They Know // No Sleep
Genre: Chillwave // Elektropop
Sounds Like: NZCA LINES // Hot Chip // Toro Y Moi // Neon Indian // James Blake

VÖ: 02.10.2015

Fortschritt heißt manchmal auch Rückschritt. Das musste James Flory alias Amateur Best, der zuvor schon als Primary 1 sowie als Schlagzeuger von Chilly Gonzales & The Kaiser Quartet unterwegs war, zu Beginn seiner aktuellen Solopfade am eigenen Leibe erfahren. Denn auf einmal fand er sich – zumindest mit Chilly Gonzales etwas größere Zuhörerschaften gewohnt – vor zehn Leuten im Vorprogramm von Washed Out wieder. Doch der junge Engländer ließ sich nicht beirren und spielte den Mainact locker an die Wand. Ein Rückschritt also nur im Bezug auf die Größe des Publikums, nicht aber die Musik. Denn die hatte schon einen weiten Weg zurückgelegt seit dem seichten Indie-Discopop aus Primary-1-Zeiten (nach dem heute zurecht kein Hahn mehr kräht).

Pop ist zwar auch für "The Gleaners", das zweite Album als Amateur Best, noch der richtige Begriff, nun aber introvertierter und vielschichtiger und vor allem mit persönlicher Note. Und weil Flory nicht nur Musiker, sondern auch ein durchaus talentierter Comiczeichner ist, gibt es die Story hinter dem Albumtitel und jedem (!) Song in Bildform gleich noch mit dazu. So war beim Opener "Rely" der Name Programm. Ein Glück, wenn man Freunde und ehemalige Bandkollegen hat, die einem quasi auf Zuruf stimmige Keyboard- und Streicherarrangements liefern. "19" – ein beschwingter erhobener Zeigefinger aus der Zukunft für das eigene Teenager-Ich – hebt "The Gleaners" aus den bequemen Loungesesseln schwerelos aufs Tanzparkett und ist ein wirklich gelungener Vocal-Pop-Song geworden.

Die Vocals stehen allgemein ziemlich im Vordergrund – und das aufgrund Joe Florys angenehmer Stimme auch absolut zurecht. Die weckt Erinnerungen an James Blake, obwohl Amateur Best musikalisch viel zugänglicher ist. Schade nur, dass Flory sein Potential nicht immer ausnutzt und sich die Stimme zum Beispiel in der Strophe von "The Double" in einer uninspirierten, monotonen Melodie verliert. Die Highlights der Platte, insbesondere der Dancefloor-Kracher "They Know", beweisen aber, dass auch die schnelleren Songs den Chillout-Nummern wie dem nachdenklichen Schlusstrack "No Sleep" in Punkto Atmosphäre in nichts nachstehen müssen. "The Gleaners" ist ein stimmiges, persönliches Album mit Liebe zum Detail. Gut, dass Joe Flory nochmal von vorne angefangen hat.

Johannes Neuhauser

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