Rezension

Alasdair Roberts

Spoils


Highlights: The Flyting Of Grief & Joy (Eternal Return) // Unyoked Oxen Turn // Ned Ludd's Rant (For A World Rebarbarised)
Genre: Scottish Folk
Sounds Like: Will Oldham // Joanna Newsom // Bill Callahan // Rachel Unthank & The Winterset // Jason Molina

VÖ: 24.04.2009

Schottland scheint musikalisch gesehen hauptsächlich für Bands zu stehen, die auf der Suche nach neuen Ausdrucksmitteln sind, man denke nur an Mogwai oder Aereogramme. Künstler wie Alasdair Roberts, die auch einmal einen Blick in die Vergangenheit riskieren, begegnen einem da eher selten. Recht häufig wird seine altertümlich anmutende Musik, deren schottische Wurzeln sich nicht von der Hand weisen lassen, mit dem Begriff Celtic Folk beschrieben. Doch keine Sorge, mit obskuren Mittelalter-Bands, deren Namen hier nicht genannt werden müssen, hat Alasdair Roberts nichts zu tun. Eher sollte man Will Oldham als Bezugspunkt hinzuziehen, mit welchem er schon des Öfteren kollaborierte. Auch Bill Callahans karge und direkte Songs sowie Joanna Newsoms letzte EP kommen Roberts’ Stil schon eher nahe.

War der Vorgänger „The Amber Gatherers“ stellenweise erstaunlich poppig, zeigt sich Roberts auf „Spoils“ wieder traditioneller. Die Drums kommen zwar weiterhin zum Einsatz, werden aber progressiver gebraucht als auf dem Vorgänger. Es kommen Assoziationen zu Jim Whites facettenreichen Spiel bei seiner Kollaboration mit Nina Nastasia auf. Dass seine Songs gerne epische Ausmaße annehmen, stellt Roberts mit der mythischen Sage „The Flyting Of Grief & Joy (Eternal Return)“ unter Beweis. Wenn man so viel zu erzählen hat wie Roberts in seinen Geschichten, kommt man nicht umhin, eine Strophe an die nächste zu reihen. Endlose Wiederholungen sind also vorprogrammiert. Dass hier aber dennoch kein Song Langeweile aufkommen lässt, auch wenn er noch so lang ist, ist die große Leistung von „Spoils“. Geschickt setzt Alasdair Roberts das unter anderem diverse barocke Instrumente umfassende traditionelle Instrumentarium ein, um die Musik mit seinen Texten korrelieren zu lassen und die Geschichten zu strukturieren. Außerdem ist es natürlich Roberts’ klare Stimme, welche die Songs trägt und einen durch das Album führt.

Besonders vielseitig präsentiert sich die Fabel „Unyoked Oxen Turn“, die von einem Krüppel auf der Suche nach seinen Beinen handelt. Der Text mag zunächst etwas seltsam anmuten, regt aber zum Nachdenken an und stellt sich schließlich als weitaus intelligenter heraus, als man zunächst vielleicht dachte. Mit einem flotten Rhythmus stürmt Roberts zunächst nach vorne, um dann den Song doch lieber von vorne aufzuzäumen. „So Bored Was I“ ist ebenfalls von zahlreichen Wiederholungen geprägt, schlägt zum Ende hin aber doch eine ganz neue Richtung ein und „Ned Ludd’s Rant (For A World Rebarbarised)“ erzeugt mit Gitarre und Drums einen Sog, dem man nur schwer widerstehen kann. Mit „Under No Enchantment (But My Own)“ serviert Roberts dem Hörer dann noch einen richtigen Brocken, der sich als eine Herausforderung herausstellt, die sich erst nach mehrfachem Hören erschließt.

„Spoils“ ist ein Album, wie man es heutzutage nicht oft zu Hören bekommt. Es erweist sich als stilistisch eigenständig, klar und zugleich sehr differenziert in seiner Ausdrucksweise. Trotz seiner zum Teil epischen Ausmaße annehmenden Songs bleibt „Spoils“ überraschend kurzweilig. Wer also das Wagnis eingeht, sich der zutiefst traditionellen Musik Alasdair Roberts’ zu öffnen, wird mit einem ausgezeichneten Album belohnt.

Kilian Braungart

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