Rezension

Aeronauten

Heinz


Highlights: Schaffhausen Calling // Jeder Ist Eine Insel // Ottos Kleine Hardcore Band
Genre: Northern Soul // Rock // Pop
Sounds Like: Superpunk // GUZ

VÖ: 09.10.2015

Wer ein Album zwischen Rock, Northern Soul und Schlager aufnimmt, auf dem es Soli für Saxophon und Querflöte gibt, zwei Lieder in unterschiedlichen Mundarten auf die Platte packt und das Ganze am Ende auf den Namen „Heinz“ tauft, der weiß wahrscheinlich nicht, was er tut. Oder er ist schon lange genug im Musikgeschäft, um zu wissen, dass man alles übertreiben kann, wenn man es nur richtig macht. Auf das neue Album der Aeronauten trifft mit Sicherheit Letzteres zu.

Seit einem knappen Vierteljahrhundert kultivieren die Schweizer mittlerweile ihre Mischung aus Tanzmusik und Alltagswahnsinn. Mit so viel Übung auf dem Buckel schaffen sie es tatsächlich, dass aus all den oben genannten Elementen ein stimmiges Album entsteht, das in keinem Moment (oder doch nur in den wenigsten) wirklich übertrieben oder unsinnig wirkt. Im Gegenteil: Alles fügt sich zu einem großen Ganzen zusammen. Groovige Bläser, funky Gitarren und der unnachahmlich nölige Gesang von Olifr M. Guz sind gekommen, um den Hörern zu verkünden, dass alles genau so ist, wie es sein soll. Manchmal ist das leicht nachzuvollziehen. „Jeder ist eine Insel"? Klar, das haben wir alle doch schon mal gedacht. Oder hier ein Stückchen Text aus dem Opener „Schaffhausen Calling“: „Ich liege auf der Chaise Longue mit verstaubten Büchern // und hör mir Opern an zwischen ausgestopften Viechern // Dies komische Geräusch ist die Stimme des Moorhuhns // Es lacht mich an und sagt: Endlich sind wir unter uns." Ähhh… naja, wird schon stimmen so. Und während in Schaffhausen solche komischen Dinge vonstatten gehen, ist Ottos kleine Hardcoreband auf dem Weg ins nächste Kaff, um von dort aus die Weltrevolution zu starten. Um sich von so viel Alltäglichkeit zu erholen, haben die Aeronauten mit drei Instrumentalstücken vorgesorgt, die auf schöne Namen wie „Ghost Detective“ oder „Nakajima Island Terror“ hören.

Die große Stärke von „Heinz“ – und der Aeronauten im Allgemeinen – ist eindeutig, dass sie es immer wieder schaffen, all diese Versatzstücke, die für sich genommen absolut abwegig klingen, so in ihrer Musik zu verarbeiten, dass alles irgendwie logisch klingt. So ist „Drü Tage Räge“ mit dem Kinderreim in Mundart als Refrain eines der Lieder des Albums, die am direktesten in die Beine gehen. „Man kann alles übertreiben“ („Mittelland“), man muss nur wissen, wie. Im Falle der Aeronauten hilft eine Mischung, die zu gleichen Teilen aus Gelassenheit, Zynismus und einem Gespür für tolle Melodien besteht.

Lisa Dücker

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