Konzertbericht

God Is An Astronaut


Der gute Stromberg meinte mal, Büroarbeit sei genau wie Jazz, bloß ohne Musik. Macht keinen Sinn? Brechen wir es mal herunter und gehen so an Post-Rock heran, verhält es sich wie folgt: Post-Rock ist Populärmusik, bloß ohne Pop. Klingt auch irgendwie dämlich. Vielleicht auch nur, weil es God Is An Astronaut gibt. Wobei hier Atmosphäre und Epik schon im Bandnamen mitklingen, forscht das irische Trio seit jeher daran, diese Größen gleichzeitig in handliches Material zu pressen. Kurze Spannungskurven, griffige Melodien, flotte Tempi – hier spielt jemand instrumentale Epen mal so, als bekäme man beim Begriff Airplay nicht gleich die Krätze.

Und genau deshalb ist diese Band größer als Kollegen des Genres: Ein Label und ein Studio nennen die drei schon ihr eigen. Aus letzterem kennen sie dann auch The Butterfly Explosion, die gegen Ende ihres Sets kund tun, dass die drei göttlichen Astronauten schließlich ihr Debüt produziert hätten. Und nach zwei Songs im Hamburger Knust ist klar, dass sich hier beide Parteien an den Richtigen gewendet haben: Schnell schießen die Gitarren gen Himmel, zielsicher auf ein Sternbild zwischen Dreampop, Shoegaze und, natürlich, Post-Rock zustrebend. Hier den Anschluss zu finden, gelingt den allseits so gelobten Junius dann leider nicht – Schuld ist die Wucht im düsteren Sound. Die speist das Klangbild zwar mit Intensität, macht allerdings auch jedes Mikrofon überflüssig. Was dumm ist, wenn man Gesang an Bord hat. Ups.

Schön, dass Soundprobleme bei God Is An Astronaut wieder ade sind. Schade, dass nicht gerade viele Zuschauer etwas davon haben – das Knust hat man schon mal voller gesehen. Sei's drum, das Set beginnt mit einem Schwergewicht von Riff, welches altes Material fast federleicht wirken lässt. „Age Of The Fifth Sun“ – der Titeltrack der neuen Platte. Die Antwort auf die meist in zufriedener Unfassbarkeit gestellten Frage, wie lediglich drei Musiker diesen Weltraumsound auf die Bühne bringen, fällt dann so ernüchternd aus, wie sie naheliegend ist: mit Samples. Hieraus den Iren einen Vorwurf zu stricken, wäre zuviel des Bösen, aber ganz authentisch geht anders. Wett macht dieses Manko ein ausgeklügeltes Lichtspektakel zwischen kühlem Blau und wärmendem Violett. Der Raum ist geflutet, die Netzhaut entzückt. Wer bei den bewusstseinserweiternden Melodiebögen dieser Drei noch keinen Eso-Kick bekommt, holt ihn sich spätestens hier.

Perfekt abgepasst wirkt das alles, Ansagen sind Mangelware. Gut so. Früh kommt „Echoes“ – der Song, der mit einer Wagenladung zarter Melodien und zackigem Riffing nicht nur das Glanzstück dieser Band ist, sondern sich selbst mit seinem ungeheuer feinfühligen Arrangement als Aspirant für die Genrekrone empfiehlt. Wer noch nicht in Trance gefallen ist, fällt auf. Mal peitscht der Drum-Computer, bei neuen Tracks offenbar noch großzügiger eingesetzt, die Tracks ungebremst nach vorn, dann tupfen God Is An Astronaut wie in „Forever Lost“ mit Pianotasten Seelenbalsam auf die einnehmende Stille. Homogen fließt das Set durchs Knust, bis in der Zugabe das zügige „Fire Flies And Empty Skies“ endgültig sternwärts Richtung Orbit boostet. Kurzweiliger geht Post-Rock nicht.

Photo: Pressefreigabe

Gordon Barnard