Konzertbericht

Black Math Horseman


Sie findet viele Befürworter, etliche Zweifler und entfacht gerade deshalb immer wieder aufs Neue Diskussionen: Die Frauenquote. Im Dialog dazu geht's in der Regel natürlich nicht um Musik, sondern um Vorstandspositionen. Aber: Frauen sind auch in der Musik die klare Minderheit. Vor allem in Bands – schon daran abzulesen, dass die musikalischen Mädels in Konzertkritiken grundsätzlich der bunte Hund sind. Übertragen auf diesen Abend im Molotow kann sich da nur ein Schmunzeln aufs Gesicht schleichen.

Denn sowohl bei Black Math Horseman als auch beim Support Mamiffer sind nicht nur Frauen an Deck, in beiden Fällen stellen sie sogar den Kapitän. Ungewöhnlich, ganz besonders in Kreisen härterer Gitarrenmusik. Womit wir beim Schlagwort wären: Denn bei Mamiffer sitzt neben Sängerin und Pianistin Faith Coloccia ein gewisser Aaron Turner als Gitarrist auf der Bühne. Sänger der aufgelösten Isis, Chef des Knüppellabels Hydra Head. Ja, Prominenz ist anwesend. Was Mamiffer aber nicht gerade aufwertet.

Mit minimalistischem Tasteneinsatz errichtet Faith fragile Glasgemälde und schlendert von einem Ruhepol zum nächsten – bis die übrigen drei Bandmitglieder mit irritierender Unregelmäßigkeit die Abrissbirne schwingen lassen. Das Problem: Ob Mamiffer in diesen 40 Minuten sieben Songs oder nur einen einzigen gespielt haben, weiß keiner. Zu kakophonisch, zu unschlüssig arrangiert sind diese eigenartigen Songkonstrukte. Diese Band schlaucht.

Black Math Horseman hingegen wuchten einen monströsen, stockdusteren Sound auf die Bühne. Die Grooves sind tonnenschwer. Und auch Riffs, Taktarten, Melodien und Dynamik trumpfen auf. Weil sie verspielt sind. Weil sie anders sind. Und weil diese Band etliche musikalische Strömungen in ein reißendes Gewässer zusammenzuleiten weiß. Kein Wunder, denn auch Bassistin und Sängerin Sera Timms hat Könner um sich geschart: Drummer Sasha Popovic und Gitarrist Bryan Tulalo spielen sonst bei Mother Tongue. Wie Ian Barry als hauptberuflicher Motorraddesigner hier in die Runde passt – geschenkt. Er und Bryan meistern an den Gitarren mal verkappte Metallicks ("A Barren Cause"), mal halluzinogene, mehrstimmige Melodien ("Tyrant") oder einfach halsbrecherische Riffabfahrten. Nichts weniger als Weltklasse.

Der sphärische, mit mächtig Hall überzogene Gesang von Sera lässt dazu reihenweise Augenlieder herunter klappen – die bei der nächsten Saitenexplosion garantiert wieder aufgerissen werden. Wer hier versucht, mit Genrebezeichnungen zu jonglieren, kann nur scheitern. Dennoch fürs Koordinatensystem: Post-Rock, Prog, Metal, Psychedelic, Sludge – alles hier irgendwo verzeichnet. Nach sechs Songs ist der Trip vorüber, denn mit dem Material des Debüts "Wyllt" ist das Repertoire der Band erschöpft. Vielleicht braucht es noch ein Album, damit Black Math Horseman die Sonderstellung einsacken, die ihnen gebührt. Die auf einem Thron nämlich. Mit Sera als Trägerin des Zepters. Wer denkt da noch über Quoten nach?

Gordon Barnard