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UNSERE ALBEN DES JAHRES 2009
1
GRIZZLY BEAR
Veckatimest
Da ist sie, die Platte, die im Jahre 2009 am höchsten in der Gunst der Redaktion stand, und sie reiht sich in gute Gesellschaft ein. Denn Grizzly Bear vereinen auf "Veckatimest" auf unnachahmliche und eindrucksvolle Weise genau jene Stärken, aufgrund derer sich in vergangenen Jahren bereits die Fleet Foxes respektive TV On The Radio ganz oben auf dem Siegertreppchen wiederfanden. Auf der einen Seite gab es also wunderbare Popsongs inklusive grandioser Vocal Harmonies, zudem perfekt gewählte Instrumentierungen und ausgeklügelte Arrangements zu hören, auf der anderen Seite konnte man aber auch die gewisse Experimentierfreude, die Lust, das eigene Genre ein wenig umzukrempeln beziehungsweise weiterzuentwickeln, bestaunen. "Veckatimest" ist Musik, die nicht nur anspricht, sondern berührt. Uns zumindest. Mehr als jede andere Platte das dieses Jahr getan hat.
(Johannes Neuhauser)
2
WINTERSLEEP
Welcome To The Night Sky
Dieses Jahr wurde die Messlatte ziemlich schnell hoch gelegt. Auf Animal Collective im Januar folgte Anfang Februar auch endlich die deutsche Veröffentlichung von Wintersleeps "Welcome To The Night Sky". Gitarrenlastiger Indierock in dieser Güteklasse ist inzwischen Mangelware, zumindest wenn er so gradlinig klingt wie hier und auf wilde Experimente problemlos verzichten kann. Vielen Dank an Wintersleep für dieses zeitlose Album!
(Marcel Eike)
3
ANIMAL COLLECTIVE
Merriweather Post Pavillon
Animal Collective sind auf dem Weg, zur Band der Dekade zu werden. Mit dem hochgelobten "Strawberry Jam" legten sie bereits 2007 ein Meisterwerk einer arglos "Freak Folk" betitelten Art von Musik ab. "Merriweather Post Pavillion" macht sie schließlich zum Maßstab jeder Band, die sich in irgendeiner Weise psychedelischem, buntem und galaktischem Pop widmen möchte.
(Andreas Peters)
4
MUMFORD & SONS
Sigh No More
"Sigh No More" – das beste amerikanische Folkalbum des Jahres, das weder das eine noch das andere ist. Denn eigentlich sind es vier Briten, die uns hier mit ihrer Mischung aus Bluegrass, Rock, mehrstimmigen Chorgesängen und eben auch einer Prise Folk haltlos begeisterten und elf Songs präsentierten, von denen jeder einzelne – von "Little Lion Man" bis "Dust Bowl Dance" auch einen Platz in der Liste der besten Songs wert wäre. Eine tägliche Prise Mumford & Sons – und du seufzst garantiert nicht mehr.
(Jan Martens)
5
FEVER RAY
Fever Ray
Mystisch und geheimnisvoll kommen sie daher, die Geschichten, die Karin Dreijer Andersson auf dem selbstbetitelten Debüt von Fever Ray erzählt. Klangexperimente, verstörende Videos, schamanischer Gesang und eine Vielzahl unkonventioneller Instrumente sorgen für einen Soundmix, der seinesgleichen 2009 vergeblich sucht.
(Klaus Porst)
6
THE XX
XX
Einer der Hypes dieses Musikjahres war zum Glück diese Band. Was manch einer noch als Indiepop abzustempeln versuchte, wurde dem Debüt von The XX kaum gerecht: Es war schon fast eigenartig, wie Kühle und Entrücktheit dieser minimalistischen Songs unsere Seelen dieses Jahr zu streicheln vermochten. Hat man sich in "XX" noch nicht vollends verloren, kann das nur einen Grund haben: Man hat diese Platte einfach noch nicht gehört.
(Gordon Barnard)
7
THE WHITEST BOY ALIVE
Rules
Tanzen sollte man, und gute Laune bekommen! So könnten die Gesetze, die "Rules" dem Hörer vorgibt, lauten. Erlend Øye und seine Konsorten haben dem Vorgänger "Dreams" noch eins draufgesetzt. Hier sieht man die imaginären Disco-Kugel-Lichter bei jedem Song vor dem inneren Auge, und egal, ob man sich gerade im Club befindet, oder in der Küche sitzt, The Whitest Boy Alive kommen mit so viel Coolness und Groove daher, dass sie auf jeden Fall jeden Fuß zum Wippen bringen. Wenn nicht noch mehr.
(Marlena Julia Dorniak)
8
THE TWILIGHT SAD
Forget The Night Ahead
Tendenz steigend: War das Debüt "Fourteen Autumns And Fifteen Winters" bereits vor zwei Jahren in der Top 10 unserer Jahrescharts vertreten, mogelt sich der Zweitling unserer aktuellen Lieblingsschotten nun schon auf Platz 8. Wenig erstaunlich, da die Band bei der Kombination von kraftvollem Lärm und wunderschöner Melancholie mal wieder neue Maßstäbe setzt. Was da in Zukunft noch kommen mag? Irgendwann auch das Treppchen, ganz bestimmt.
(Jan Martens)
9
SOAP & SKIN
Lovetune For Vacuum
Kann ein 18 Jahre altes Mädchen aus Österreich bedrohliche Musik machen? Und wie sie kann. "Lovetune For Vacuum" macht mit seiner schwermütigen Stimmung bisweilen richtig Angst und sorgt für Gänsehaut. Anja Plaschgs Musik malt so düstere Bilder und die Verzweiflung in ihrer Stimme ist so intensiv, dass man sich fast schon Sorgen um die junge Künstlerin machen muss.
(Marcel Eike)
10
PHOENIX
Wolfgang Amadeus Phoenix
Wer die Entwicklung von Phoenix schon ein bisschen länger verfolgt, hatte es ahnen können: Irgendwann mussten sie halt so ein ganz und gar wunderbares Album wie dieses hier aufnehmen. Das war klar, weil die Vorgängeralben ja im Prinzip fast genau so toll waren, aber man trotzdem das Gefühl hatte, dass sich die vier Franzosen noch etwas mehr Zeit hätten nehmen können, ihre Alben zu vollenden. "Wolfgang Amadeus Phoenix" ist genau das: vollendet. Zehn Songs, kein Schwachpunkt. Wie oft gibt es das schon?
(Mario Kißler)
11
WILLIAM FITZSIMMONS
The Sparrow And The Crow
William Fitzsimmons hat 2009 sogar gestandene Männer mit seinen wunderschönen Songs auf "The Sparrow And The Crow" ganz, ganz weich gemacht. Es fällt aber auch schwer, ihn nicht zu lieben, diesen etwas schrulligen, aber unser Gefühlsleben fast besser als jeder anderer verstehenden Vollsympathen. Zwar hat es für ihn nicht ganz nach oben gereicht, aber bekommt er an dieser Stelle noch die nicht unwichtige Auszeichnung für den Bart des Jahres verliehen. Herzlichen Glückwunsch! Und Platz 11 ist bei der bombigen Konkurrenz nun wirklich auch aller Ehren wert.
(Benjamin Köhler)
12
CONVERGE
Axe To Fall
Beachtlich, dass sich die vielleicht härteste Platte dieses Jahres in den oberen Gefilden unserer Liste eingenistet hat. Man spricht sogar davon, dass Converge mit "Axe To Fall" gar an ihr Alpha und Omega "Jane Doe" heranreichen würden. Es kommt hin: Eingangs bricht die Band Genicke wie Astärmchen, vertieft sich gegen Ende des Albums in ästhetische Pioniersarbeit. Hardcore so brutal, dass er weh tut und so clever, dass er dich nicht mehr loslässt.
(Gordon Barnard)
13
SILVERSUN PICKUPS
Swoon
"Carnavas" toppen? Was undenkbar schien, wurde fast zur Formsache: Die Silversun Pickups nahmen sich die Zeit, die sie brauchten und schrieben das eine Album, das sie wollten. Wie Perlen auf einer Kette reihten sich hier dieses Jahr potenzielle Songs des Jahres aneinander. Tiefschürfender, dichter und noch detailverliebter hatte "Swoon" seinen Vorgänger tatsächlich im Sack. Erst gestaunt, bald schon geliebt.
(Gordon Barnard)
14
MAXIMO PARK
Quicken The Heart
Eigentlich sollte man ja nicht viel erwarten, wenn auf dem dritten Album einer Band, die zuvor hauptsächlich als Indiedisco-Dancehit-Lieferant #1 überzeugt hat, auf einmal die tanzbaren Songs fehlen. Doch wenn im Endeffekt immer noch Hits wie "The Kids Are Sick Again" oder "The Penultimate Clinch" herauskommen, die 90% der anderen britischen Zappelphilipps einfach komplett in die Schranken weisen – wen interessiert's? Wer tanzt, hat ja angeblich eh nur kein Geld zum Saufen.
(Jan Martens)
15
ARCTIC MONKEYS
Humbug
Wer wäre wohl besser geeignet, um eine Rotzbengelband zu gestandenen Männern zu machen als Josh Homme? Richtig – höchstens Chuck Norris. Aber da der keine Alben produzieren kann, ist "Humbug" nicht zuletzt aufgrund Hommes Mitwirkung das Album geworden, das es ist: Herrlich dreckig und kratzig, aber immer noch mit Ohrwürmern wie "My Propeller" und "Pretty Visitors" aufwartend. So kann Weiterentwicklung im Indie aussehen.
(Jan Martens)
16
SONIC YOUTH
The Eternal
Man muss sich das einmal vergegenwärtigen: Sonic Youth haben schon Alben veröffentlicht, als sich viele von uns noch irgendwo zwischen den Lebenszyklen "Spermium" und "quengelt an der Supermarktkasse" waren – und auch mit Studioalbum #16 zeigen die Veteranen aus New York, warum sie in Sachen intelligentem Noiserock immer noch die erste, wenn nicht einzige Referenz sind.
(Jan Martens)
17
THE HORRORS
Primary Colours
Im Forum wurde bereits diskutiert, ob es das beste zweite Album einer Band mit eher durchwachsenem Debütalbum sei. Das ist immer noch schwer zu sagen, aber Fakt ist, dass sich The Horrors mit "Primary Colours" vom eher hässlichen Entlein zum schönen Schwan gewandelt haben. Dafür war ein krasser Stilwechsel nötig, der die 80er direkt ins neue Jahrtausend gebeamt und damit paradoxerweise genau wieder den Nerv der Zeit getroffen hat. Ein so gutes Timing und die Wiederbelebung des Shoegaze wird bei uns mit Platz 17 belohnt.
(Benjamin Köhler)
18
PICTUREPLANE
Dark Rift
Eigentlich ist es nichts Besonderes: Man sieht einen Künstler live und geht danach nochmal deutlich mehr aufs Album ab als vorher. Wieso es bei Pictureplane und mir dieses Jahr trotzdem was Besonderes war? Vielleicht, weil das Set nur aus sechs oder sieben Songs bestand – dem guten Travis Egedy war am Vorabend der iPod mit den restlichen Samples entwendet worden – und danach trotzdem jeder der dreizehn Songs auf dem Album nochmal gewachsen ist. Bei jedem Hören. Und "Dark Rift" kann man immer und immer wieder hören.
(Mario Kißler)
19
MUSE
The Resistance
Wer hätte nach Showbiz geglaubt, dass Muse einmal die große Rolle in unserer Musikwelt spielen würden, die sie inzwischen erreicht haben? Mit dem falsettartigen Gesang, dem Tick zum Bombast und den verzerrten Gitarren war Muse toll, großartig, aber mit Sicherheit nicht massenkompatibel. So kann man sich täuschen. "The Resistance" bietet noch etwas mehr Bombast als der Vorgänger und zeigt im Aufbau mal wieder die Liebe der Band zu klassischer Musik.
(Marcel Eike)
20
DIRTY PROJECTORS
Bitte Orca
Eine irre Sause, welche die Dirty Projectors da mit "Bitte Orca" hingelegt haben. So ganz einordnen können wir den Sound immer noch nicht, dafür macht die Platte nach wie vor Spaß und erwärmt uns die Bude bei ekelhaften Tiefsttemperaturen. Ein Album zum Abdrehen, "Temecula Sunrise" schlürfen und R n'B endlich mal ungestraft gut finden. Da kann die Kinderüberraschung gegen abstinken.
(Benjamin Köhler)
21
JA, PANIK
The Angst And The Money
2008 waren sie schon gut. 2009 übertreffen sie sich selbst. Die Exil-Wiener fabrizieren eine ergreifende Schrammelrockplatte mit großen Melodien und collagieren ihre Texte mit dem bewährten popliterarischen Cut-Up-Verfahren. Zitatpop at its best. Und vielleicht das aufrichtigste, was deutschsprachige Rockmusik dieser Tage zu bieten hat.
(Andreas Peters)
22
FRANZ FERDINAND
Tonight: Franz Ferdinand
Alles bleibt anders. Den Sound um allerlei Elektronisches wie im fantastischen "Lucid Dreams" erweitert, einmal hier die Kinks zitiert, einmal dort eine psychedelische Ballade wie "Dream Again" eingeschoben, liefern Franz Ferdinand im Endeffekt doch wieder vorrangig das, wofür man sie seit ihrem Debüt liebt: Hits, Hits und Hits.
(Jan Martens)
23
OHBIJOU
Beacons
Kanada ist ja allgemeinhin als Ursprungsland großer Indiebands bekannt. Man denke nur an den irrsinnigen Output des Arts-&-Crafts-Labels oder die großen Arcade Fire. Die aus Toronto stammenden Ohbijou wurden mit ihrem zweiten Album dem ausgezeichneten Ruf ihrer Heimat mehr als gerecht und spielten sich behände in die erste Indie-Liga. Kaum ein Album schaffte es dieses Jahr, eine dichtere Atmosphäre zu erzeugen und einen durch seine perfekten Arrangements derart in seinen Bann zu ziehen wie "Beacons".
(Kilian Braungart)
24
THE BIG PINK
A Brief History Of Love
Wer könnte bei solchen Soundwänden ahnen, dass The Big Pink, die sich nach einem Album von The Band benannt haben, lediglich aus zwei Personen bestehen? Robbie Furze und Milo Cordell sind mit "Velvet" verantwortlich für einen der absoluten Übersongs des Jahres 2009 und blieben auch sonst keinen Beweis schuldig, dass Eingängigkeit, Komplexität und Soundtiefe sich nicht gegenseitig ausschließen.
(Johannes Neuhauser)
25
BILL CALLAHAN
Sometimes I Wish We Were An Eagle
Wenn ein Singer-Songwriter – für gewöhnlich von Natur aus schon nicht die allergrößte Frohnatur – sich von einer Frau wie Joanna Newsom trennt, kann das darauf folgende Album ja nur ein einziger Brocken Trauer werden – oder? Falsch gedacht: Dank stets passender Instrumentierung und erneut toller Texte überzeugt Bill Callahan auch auf seinem nunmehr dreizehnten Album und muss den goldenen Bart für den besten Folksänger dieses Jahr nur an William Fitzsimmons abtreten.
(Jan Martens)
26
MORRISSEY
Years Of Refusal
Man kann über diese Platte geteilter Meinung sein. Für die einen (siehe Rezension des Kollegen Köhler) hätte Morrissey schon vor einiger Zeit den Staffelstab des Britrock an andere weitergeben sollen, um sich ausgepowert am Rande der Szene auszuruhen. Für die anderen hingegen, die den Weg des Mozzers aufmerksam und gnädig verfolgten, ist 'Years Of Refusal' eine Offenbarung seines Soloschaffens. Big Mouth Strikes Again!
(Andreas Peters)
27
REGINA SPEKTOR
Far
Wer schon seit längerer Zeit mal wieder auf der Suche nach einer tollen Singer-Songwriterin mit Piano und zerbrechlicher Stimme ist, wird bei Regina Spektor und ihrem neuen Album "Far" fündig. Manche Platten berühren einfach etwas mehr als andere, und diese hier fällt in die Kategorie jener, die man besonders schnell ins Herz schließt. Gefühlvollen Pianopop, der völlig auf Balladen verzichten kann, muss man einfach mögen!
(Marcel Eike)
28
THE PAPER CHASE
Someday This Could All Be Yours
Willkommen zur Geisterbahn, die da The Paper Chase heißt: Auch der erste Teil von "Someday This Could All Be Yours" ist wieder einmal ein Album, das nicht in Kinderhände gelangen sollte. Zu knarzenden Bässen, piependen EKGs und grunzenden Schweinen singt Mastermind John Congleton wunderschönste Melodien über Vergewaltigungen, Grippe-Epidemien und andere Naturkatastrophen. Kranker Scheiß, das.
(Jan Martens)
29
BAT FOR LASHES
Two Suns
Als irgendwann einmal die Stimmen verteilt wurden, muss sich Natasha Khan alias Bat For Lashes weit nach vorn gedrängt haben. "Two Suns" überzeugt mit wunderschönen Melodiebögen, mit- und herzzerreißenden Refrains und sphärischen Lautmalereien. Dazu gesellen sich Gospelchöre, diverse elektronische Elemente und ein einnehmendes Gitarrenspiel. Fast schon zu viel des Guten.
(Klaus Porst)
30
JULIAN PLENTI
Is...Skyscraper
Ätschibätsch: Da wurde das lang erwartete Debüt von Strokes-Frontnöler Julian Casablancas doch glatt vom Kopf der anderen Indie-Epigonen aus New York City überholt. Und wem die Alben Interpols trotz all ihrer Großartigkeit schon immer etwas zu eintönig klangen, dem zeigt Paul Banks alias Julian Plenti mit Streichern und Elektronika eindrucksvoll, wie zukünftige Werke der vielleicht atmosphärischsten Joy-Division-Erben klingen könnten – nämlich großartig spannend, wenn sie nach "...Is Skyscraper" schlagen.
(Jan Martens)
31
APOSTLE OF HUSTLE
Eats Darkness
Im ständigen Wechsel von schönen Songs und für Spannung sorgenden "Kurz-Hörspielen" weiß "Eats Darkness" zu überzeugen. Von lockeren, beschwingenden Melodien über derbe Gitarren-Riffs bis zu Explosionsgeräuschen ist alles vertreten. Somit kann es, auch wenn es nur etwas mehr als eine halbe Stunde lang ist, mitreißender sein als so manches Doppelalbum.
(Marlena Julia Dorniak)
32
THE PRODIGY
Invaders Must Die
2009 war auch das Jahr der Comebacks. Eines der Besten lieferten die 90er-Jahre-Helden The Prodigy mit "Invaders Must Die" ab. Mit stumpfem, stampfendem Techno, Bigbeat, oder wie auch immer man versucht, diese Musik zu klassifizieren, schaffen es die Engländer, wieder zum Maßstab elektronischer Tanzmusik zu werden.
(Klaus Porst)
33
THE AVETT BROTHERS
I And Love And You
Gibt es so etwas wie ein Songwriting-Gen? Wenn ja, haben es Scott und Seth Avett aus North Carolina beide von ihren Eltern geerbt. Auf ihrem Majorlabel-Debüt "I And Love And You" schütteln sie ganz selbstverständlich Hit um Hit aus dem Ärmel. Mit Rick Rubin an den Reglern liefern sie das bis dato beste Album ihrer Karriere ab und bescheren uns hymnische Songs, die schnell zu treuen Begleitern werden. I And Love... and The Avett Brothers.
(Kilian Braungart)
34
JULIAN CASABLANCAS
Phrazes For The Young
Nachdem seine Bandkollegen von den Strokes schon seit längerem mehr oder weniger erfolgreich Solopfade beschritten, durfte natürlich auch Mastermind Julian Casablancas nicht fehlen. "Phrazes For The Young" mischt Synthie-Pop mit Country-Chaos und verkürzt wunderbar die Wartezeit bis zum nächsten Strokes-Album.
(Lisa Krichel)
35
AND SO I WATCH YOU FROM AFAR
And So I Watch You From Afar
Mein Gott, diese Iren. Anfang des Jahres noch niemandem ein Begriff, stiegen And So I Watch You From Afar mit ihrem selbstbetitelten Debüt gleich in die Übergewichtsklasse des Postrock ein. Wobei: Postrock? So verwinkelte und vor allem so wuchtige Instrumentalmusik hatte man vor dieser Band noch nicht gehört. Wäre sie nur zu mehr Ohren durchgedrungen – dieser Erdrutsch von Album hätte das Genre mächtig umgekrempelt.
(Gordon Barnard)
36
KLEZ.E
Vom Feuer Der Gaben
Die einzigen Vertreter aus Deutschland in unseren 2009er Jahrescharts sind Klez.E. Auch wenn es nicht für die vorderen Plätze gereicht hat, so haben sie mit "Vom Feuer Der Gaben" eindrucksvoll bewiesen, dass sie zur Beletage der deutschen Indieszene aufgestiegen sind. Nicht zuletzt die aufwendige Instrumentierung und die tollen Texte von Tobias Siebert machen das Album zu einem Meisterwerk heimischer Klangkunst. Ob Tocotronic nächstes Jahr da drüber kommen?
(Benjamin Köhler)
37
BLUE ROSES
Blue Roses
Während für Blumenzüchter blaue Rosen ein Sinnbild für unerreichbare Ziele sein mögen, werden für Fans atmosphärischen Folks mit Laura Groves' Debüt alle Träume wahr. Was die junge Engländerin auf diesem Album zustande bringt, schaffen nur die wenigsten. Blue Roses zeugt von einem großen kompositorischen Einfallsreichtum, klingt ambitioniert und leichtfüßig zugleich und hat so viel zu geben, dass man sich selbst nach unzähligen Durchgängen einfach nicht satt hören konnte an dieser leidenschaftlichen Musik. Dieser Dame steht eine große Zukunft bevor.
(Kilian Braungart)
38
MONO
Hymn To The Immortal Wind
Mein alter dröger Freund Postrock, da hast du dich aber selbst übertroffen: Mono treten den Beweis an, dass auch dieses scheinbar ausgelutschte Genre noch Perlen versteckt hält und zugleich epische und wunderschöne Musik nicht aus Island stammen muss, sondern auch aus Japan kommen kann. Arigato dafür.
(Jan Martens)
39
EZ3KIEL
Battlefield
Das Schmuckkästchen französischer Elektromusik ist ohnehin gefüllt mit zahlreichen Edelsteinen, doch Ez3kiel glänzen in ihm wohl am grellsten. Kann man sich einen Hybrid aus Dub, Metal, Postrock und Industrial nicht vorstellen? Diese Band kann es. Das zerrissene "Battlefield" geriet in all seiner Schizophrenie noch organischer als seine Vorgänger und ließ Kinnladen wie am Fließband herunterklappen.
(Gordon Barnard)
40
...AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD
The Century Of Self
Zugegeben: Das neueste Werk der Band mit dem überlangen Namen hat dieses Jahr nicht jedem von uns gefallen, und mag der Vorwurf, hier Abwechslung zu vermissen, auch relativer Quatsch sein, kann man darüber streiten können, ob frühere Werke der Texaner "The Century Of Self" in den Schatten stellen: Aber selbst wenn: Auch mit vergleichsweise schwächeren Alben bleiben ...Trail Of Dead die vielleicht wichtigste Hausnummer im Bereich der kunstvollen Rockmusik und eine Band, die in unserer Jahresliste nicht fehlen darf.
(Jan Martens)
41
DEAR READER
Replace Why With Funny
Pünktlich zur Fussball-WM 2010 füllen wir nun endlich mit den BLK JKS und Dear Reader den schwarzen Fleck Südafrika unserer Indie-Weltkarte. Die Band um Cherilyn McNeil liefert bezaubernden, vielseitigen Indiepop und Cherilyn selbst ist und war laut einer völlig, absolut und total unrepräsentativen Umfrage in meinem Freundeskreis die Frontfrau mit dem größten "verlieb-dich-Faktor" 2009!
(Marcel Eike)
42
SYNTAKS
Ylajali
Langsam ist das neue Schnell. Begriffe wie "Slow Core" oder "Dream Pop" sind optional bei der Beschreibung dessen, was Jakob Skøtt und Anna Cecilia alias Syntaks hier geschaffen haben, Adjektive wie "eisig", "fragil" oder "wunderschön" lassen sich jedoch kaum vermeiden. Ebenso wenig wie folgende Behauptung: "Ylajali" ist das vielleicht atmosphärischste Album des Jahres.
(Jan Martens)
43
DIAL M FOR MURDER
Fiction Of Her Dreams
Die Hitchcock-Freunde von Dial M for Murder! lieferten 2009 glasklaren Synthie-Pop mit eingebauter Joy-Division-Erinnerungsfunktion. Ein neuer Beweis für die musikalische Qualität skandinavischer Bands im Allgemeinen und schwedischer Bands im speziellen? Eindeutig!
(Lisa Krichel)
44
PASSION PIT
Manners
Passion Pit aus Boston wissen, wie ein astreiner Elektropop-Hit auszusehen hat. Zwölf davon befinden sich auf ihrem Debütalbum "Manners", das sich vor "Oracular Spectacular" der im letzten Jahr groß angesagten MGMT keineswegs zu verstecken braucht und es insgeheim vielleicht sogar in die Tasche steckt. Nebenbei wurde noch die Falsettstimme salonfähig gemacht. Auch wenn davon weniger Leute Notiz nahmen als 2008 von der Konkurrenz aus New York, ist das definitiv einen Platz unter den Top 50 wert!
(Johannes Neuhauser)
45
WILCO
Wilco
Wilco feierten sich mit ihrem neuen Album selber und brachten im 15. Jahr des Bandbestehens ihr selbstbestiteltes Album auf den Markt. Und nicht nur das, zur Feier des Tages gab es gleich noch einen eigenen Song und sogar ein iPhone-App oben drauf! Wilco für alle Lebenslagen! Aber auch inhaltlich überzeugt das Album mit schönen Liedern und Melodien, perfekt für einen gedanklichen Ausflug in den Sommer! Am besten gleich mit Feist im Gepäck, die im Duett mit Jeff Tweedy bei "You and I" zu überzeugen weiß.
(Stefan Magnussen)
46
THE MOUNTAIN GOATS
The Life Of The World To Come
John Darnielle wird etwas melodiöser, etwas zarter und beginnt die Bibel in den Alltag zu transponieren. Eine gar nicht mal so ironische Platte für alle, die nach modernem Umgang mit religiösem Inhalt suchen, vor allem aber für jene, die auf fantastischen Folk-Pop stehen.
(Andreas Peters)
47
MASTODON
Crack The Skye
Was für ein Schritt. Den verzwirbelten Math-Metal alter Alben hinter sich lassend, schrieben Mastodon auf "Crack The Skye" plötzlich sowas wie Hits. Mehr Melodie, weniger halsbrecherische Breaks und ein wieder einmal ausgeklügeltes Albumkonzept _ die Gleichung ging perfekt auf. Freunde des Progs schnalzten genussvoll mit der Zunge.
(Gordon Barnard)
48
DINOSAUR JR.
Farm
Die alten Haudegen von Dinosaur. Jr. haben einfach keinen Bock auf Frührente. Stattdessen hauen sie 25 Jahre nach der Bandgründung mit "Farm" noch mal einen Hammer raus, der locker mit ihren großen Alben der Spätachziger mithalten kann. Wo andere Bands in betagtem Alter nur noch peinlich sind, erleben Dinosaur Jr. ihren zweiten Frühling. Genau wie unsere frühen Jugenderinnerungen dank dieses Albums. Hachja, es gniedelt halt wirklich keiner so schön wie J Mascis...
(Benjamin Köhler)
49
MATIAS AGUAYO
Ay Ay Ay
Chilenische Produzenten elektronischer Musik, die in Berlin – zumindest zwischenzeitlich – leben, gibt es eine Reihe. Doch keiner hat es geschafft, die Formalismen elektronischer Musik – oder kurz Techno – in so aufsehenerregender Form umzusetzen wie Matias Aguayo auf seinem diesjährigen Album "Ay Ay Ay". Wer auf eine Fortsetzung seines 2008er Hits "Minimal" hofft, wird enttäuscht. Wer die Fortsetzung der elektronischen Musik mit neuen Mitteln kennenlernen möchte, wird reich belohnt.
(Oliver Bothe)
50
THE DECEMBERISTS
The Hazards Of Love
Operation Prog geglückt: Die Band um Collin Meloy zauberte mit "The Hazards Of Love" ein opernartiges Gesamtwerk mit zahllosen Instrumenten, vielschichtigen Charakteren und dem Hang zum Classic Rock, das das Songwriting der Decemberists von Grund auf neu konzipierte. Riskant? Sicher. Größenwahnsinnig? Aber ja doch! Spannend? Bleibt es um diese Band selbstredend weiterhin.
(Gordon Barnard)
Finden
Bye-Bye
Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es
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