Interview
Georgia
Bekannt wurde Georgia Barnes mit dem energiegeladenen Song "Move Systems", der auf eindrückliche Art und Weise ihren Sound repräsentiert: mitreißendes Drumspiel, Sprechgesang im Wechsel mit zartem melodischen Gesang, kritische und persönliche Lyrics, begleitet von elektronischen Beats. Das alles macht sie alleine – sie nimmt alles selbst auf und produziert ihre eigenen Songs. Auf der Bühne hat sie aber dann doch eine Musikerin zur Unterstützung dabei, damit Georgia all ihre Energie ins Drumspiel und in den Gesang stecken kann. Diese Energie, die kommt beim Publikum an, lässt keine_n stillstehen und führt zu tosendem Applaus. Aber nicht nur die Zuhörer sind glücklich, auch Georgia selbst ist nach dem Konzert zufrieden und ausgepowert.
Die Parcels haben ihr Konzert schon am Tag vorher gespielt und danach eine Frage ins Interviewbuch geschrieben, die Georgia nun beantworten soll: "Du wurdest gerade verhaftet und musst die Nacht im Gefängnis verbringen. Warum? Und wie entkommst du?" Was hat Georgia also getan, dass sie ins Gefängnis muss? "Ok... ich musste zum Glück noch nie ins Gefängnis, aber ich denke mir etwas aus, warum es passieren könnte: Ich wurde festgenommen, weil ich einen Polizisten beschimpft habe. 'Fuck the police!' habe ich zu ihm gesagt. Mich nervt die Gewalt, mit der Polizisten vorgehen. Vielleicht habe ich auch noch etwas nach ihm geschmissen! Im Gefängnis gründe ich dann eine Gang und wir versuchen uns am großen Ausbruch, entwerfen Karten mit Fluchtwegen und versuchen uns raus zu buddeln. Alles in einer Nacht!", sagt Georgia ganz euphorisch und lacht darüber.
Leider gibt es zur Zeit viele Probleme mit Polizeigewalt und Menschen, die sehr engstirnig und rassistisch handeln, in Georgias Heimatstadt London. "Es macht mich krank und ich hasse es. Aber wir müssen uns gegen diese Leute stark machen!" Georgia macht auch mit ihrer Musik stark. Die ist inspiriert von verschiedensten Ländern und Musikstilen. "Ja, meine Musik ist sehr multikulturell. London an sich steckt voller verschiedener Kulturen. Wenn man in die Geschichte der Stadt zurückblickt, wurde sie quasi durch Menschen aus anderen Ländern gegründet. London ist schon recht bunt und offen, leider ist der Rest von England nicht so weltoffen, was auch zu dieser Brexitabstimmung geführt hat." Was könnte diesen Menschen denn helfen, offener für andere zu werden? "Positives Denken! Warum müssen sich immer alle an die negativen Aspekte der anderen Kulturen klammern? Warum sehen sie nicht die ganzen Vorteile? Wenn die Menschen offener wären und keine Angst vor dem Wandel hätten, wenn sie sich selbst nicht so wichtig nehmen würden, wäre das großartig!"
Georgia beim Appletree Garden Festival 2016 // Foto-Credit: Lukas Haese
Im aktuellen Buch von Kate Tempest "The Bricks That Built The Houses" geht es auch um London, mit all seinen Problemen und Liebenswürdigkeiten. Georgia hat es natürlich auch gelesen und findet es großartig. Sie kennt Kate Tempest gut, da sie lange für sie als Drummerin bei Konzerten gespielt hat, und kann daher auch sagen, wie viel von Kate selbst in ihrem Roman steckt. "Kates gesamter kreativer Ausdruck basiert im Prinzip auf ihren persönlichen Erfahrungen, auch die, die sie in Südost-London erlebt. Kate war die Person, die mich darauf aufmerksam gemacht hat, wie wichtig es ist, auf die eigene Umgebung zu achten, die Menschen und die Dinge genau zu betrachten. Wertzuschätzen, wo man herkommt. Sie denkt sehr positiv. Sie ist eine sehr große Inspiration für mich!" Sieht Georgia London so, wie Kate es in ihrem Buch beschreibt? "Ja, absolut! London verändert sich stark. Aber Dinge müssen sich verändern. Auch, wenn man darauf achten muss, dass die alten Gemeinden, die es schon so lange gibt, bewahrt werden, dass man auf das Erbe, das von Generationen überliefert wurde, achtet und die guten Dinge bewahrt."
Nicht nur Kate Tempest ist eine große Inspiration für Georgia. M.I.A., Missy Elliott oder auch The Knife mit Karin Dreijer Andersson inspirieren sie – alles starke Frauen, die für ihre Rechte einstehen. "Ja, sie sind alle sehr starke, kreative Frauen. Jede von ihnen hat auf eine gewisse Art und Weise Grenzen gesprengt und die Vision von Musik verändert. Sie haben alle solch starke Identitäten. Sie sollten gefeiert werden! Es ist so wichtig, dass es Künstler_innen gibt, die weiter denken!" Georgia selbst ist ebenso eine starke Persönlichkeit, die Neues wagt. In ihrer Vergangenheit als Tourdrummerin hatte sie hin und wieder mit Sexismus zu kämpfen, wurde als Frau an den Drums von manchen nicht ernst genommen. Aber das war ihr egal, sie hat es ihnen im Anschluss auf der Bühne bewiesen. "Weißt du, es interessiert mich nicht, was andere denken! Wenn mir jemand blöd kommt, halte ich zwei Finger hoch! Ich mache das, was ich tun möchte – und wenn ich andere Menschen, egal welchen Geschlechts, mit meiner Musik inspirieren kann, dann freut mich das sehr!"
Neben ihrer coolen Attitüde ist Georgia aber vor allem eins: professionelle Musikerin, die das, was sie tut, gut machen möchte. "Ich habe natürlich auch eine ernste Seite. Es geht nicht nur darum, zwei Finger hoch zu halten und Leute zu beleidigen." Ein Video, in dem Georgia aber die Sau raus lässt, ist "Hard Lie This". Darin hat sie jede Menge Spaß und macht einen auf dicke Hose. Neben ihren Fans findet sich unter dem Video auch ein Kommentar ihres größten Fans, ihrer Mutter. "I love this and not just because it's my daughter" schreibt sie darunter. Georgia hatte das vorher noch nicht gelesen, freut sich aber nun um so mehr über die Überraschung "Oh! Meine Mum! Ja!! Sie ist eine sehr wichtige Person für mich. Ich könnte nicht ohne sie diese Reise als Musikerin gegangen sein. Sie unterstützt mich sehr! Auch mein Bruder unterstützt mich und mein Management steht hinter mir, das fühlt sich toll an, so ein gutes Team um mich zu haben!"
Wenn all diese tollen Menschen nicht um Georgia herum wären und sie auf einer einsamen Insel wäre, welche Musik würde sie dann bei Laune halten? Diese Frage stellt Georgia im Interviewbuch der nächsten Person, die interviewt wird. Ihre Antwort auf ihre eigene Frage lautet: "Ich würde 'Prince – I Would Die 4 U', 'John Martyn – May You Never' und 'Missy Elliott – Get Ur Freak On' spielen!" Ein irrer Mix, der bestimmt gegen Langeweile auf einer einsamen Insel hilft. Und falls nicht, wird Georgia dort bestimmt etwas finden, mit dem sie selbst Musik machen kann.
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