Interview

Bear's Den


In der Bärenhöhle: Wenn man die Jungs von Bear's Den trifft, weiß man – sie tragen ihren Namen zu Recht! Bärtig, bärig und behaglich sitzen sie im Berliner "Musik und Frieden" und sprechen mit uns über den Ausstieg von Joey, das neue Album und Glitzereinhörner.

Selten jemanden auf der Bühne gesehen, der sich so hübsch übers Mitsingen, Klatschen und die Freude seines Publikums freut: Davies Lächeln ist herzlich und ehrlich, wenn er auf der Bühne steht. Die Lyrics von Songs wie "Agape" sind aber auch zu ergreifend, um nicht mit einzustimmen. "I don't wanna know who I am without you" werden wir später alle gemeinsam in den kleinen, dunklen Raum der Location hineinschmettern.

"Beim Songwriting gibt es viele Inspirationsquellen. Es ist aber nicht so, dass ich das alles, worüber ich singe, genauso erlebt habe. Vielmehr denke ich mich sehr gerne in die Köpfe irgendwelcher Figuren und überlege, wie sie sich fühlen könnten. Daraus entstehen die Texte", erklärt Davie. Kevin nickt und raucht. Das tut er bis auf ein paar Ausnahmen während des gesamten Gesprächs. Unsympathisch wirkt er dabei nicht, ganz im Gegenteil. Er ist der stille Beobachter im Hintergrund, der aber alles genau im Blick hat. So wirkt er stets: Er ist derjenige, der mit Mumford & Sons' Tastenheld Ben Lovett bereits 2006 das Label Communion gründete und scheinbar auch an so manch anderer Stelle der Strippenzieher ist. Die Filmdoku "From Austin To Boston (2014) war auch erst durch die Beziehung der beiden Musiker möglich.

Der Film lebt den romantischen Hippie-Traum aus, mit ein paar Musikerfreunden in alten VW-Bullies auf einer coolen Tour quer durch Amerika zu sein. The Staves, Ben Howard, Nathaniel Rateliff und Bear's Den lachen in dem Film viel und stimmen zwischendurch immer mal ein Liedchen an oder singen gemeinsam auf der Bühne. "Für uns ist und bleibt diese Tour legendär! Wir waren damals noch ganz am Anfang und durften plötzlich mit unseren Helden unterwegs sein. Rateliff ist für mich eine uneingeholte Songwriter-Größe und auf einmal bist du mit ihm auf dieser Klassenfahrt unterwegs. Ok, ich muss zugeben, wir waren damals noch total unerfahren, was das Touren angeht, für uns war alles aufregend und toll", lacht Davie.

Ein Umstand, der sich mit dem erfolgreichen Debüt (2014) und dem unermüdlichen Touren davor und danach geändert hat. "Natürlich sind wir immer noch gerne unterwegs, es gehört zu unserem Job und wir lieben es, auf der Bühne zu stehen. Aber klar: Es kann auch ganz schön anstrengend und einsam sein", räumt Kevin ein. Die richtigen Stichwörter, um nach dem Ausstieg des Dritten im Bunde, Joey, zu fragen. Er hatte Anfang des Jahres seinen Ausstieg aus dem Trio bekanntgegeben. Als Grund nennt er das viele Touren und die Tatsache, dass Beziehungen und das Privatleben auf der Strecke bleiben. "Für uns war es auch eine ziemliche Überraschung", erklärt Davie "Irgendwann fing Joey an, darüber zu reden, dass er mit dem Gedanken an einen Ausstieg spiele, danach ging alles ziemlich schnell. So richtig daran gewöhnt haben wir uns immer noch nicht. Es gibt Situationen auf der Bühne oder unterwegs, an denen wir unmittelbar an ihn denken müssen." Auf die direkte Frage, ob Bear's Den nun also ein Duo sind, gibt es daher zunächst Zögern und dann die zaghafte Antwort von Kevin: "Ich denke schon, ja."

An dem Album "Red Earth & Pouring Rain" hat Joey jedenfalls noch mitgearbeitet. Es erscheint am 22. Juli dieses Jahres. Das zweite Album gilt nach erfolgreichen Debüts immer als härteste Probe: Das erste Album hat die Latte hoch gehängt, nun wird mit Argusaugen bewacht, ob die Erwartungen tatsächlich erfüllt werden. "Darüber mache ich mir wenige Gedanken, ehrlich gesagt. Also jedenfalls nicht mehr, als ich mir sowieso die ganze Zeit mache. Wir sind immer aufgeregt und positiv angespannt, wenn wir im Studio sind. Das war bei jeder einzelnen EP so und das war auch beim Debüt und bei dieser Platte so. Ich glaube, anders können wir gar kein Album aufnehmen."

Verträumt, luftig und ein bisschen wie ein folkiger Ausflug in die 80ies: So klingt das neue Album. Auch bei den Kollegen von Matthew & The Atlas oder The Paperkites ist genau dieser Einfluss derzeit zu bemerken. Das 80ies-Revival ist also bei den Singern und Songwritern angekommen. "Wir haben wahnsinnig viel 80ies-Musik gehört, als wir auf Tour waren. So diese richtig schönen alten Sachen wie Toto oder Springsteen." Der Rock Springsteens ist jedoch weniger auf der Platte vertreten, eher die großangelegte und aufwändig produzierte Leichtigkeit. "Genau das ist auch das, was uns an der Musik der 80er so wahnsinnig fasziniert: Da steckt so viel in den Songs, die sind so virtuos produziert und dabei klingt alles so unbeschwert, das ist grandios!" Also geht es Bear's Den gar nicht so sehr um Neonfarben, Regenbogen und glitzernde Einhörner? "Noch nicht!", lacht Davie, "aber wer weiß? Vielleicht komme ich ja irgendwann in einem Seidenballonanzug auf einem Einhorn auf die Bühne geritten..."

Silvia Silko