Festival-Nachbericht

Watt En Schlick 2018


Das Watt En Schlick 2018 ist Geschichte. Auch mit ein bisschen Abstand zu den drei tollen Tagen am Dangaster Deich ist es schwer, etwas Negatives auszumachen. Das Haar in der Suppe zu suchen (und zu finden) gehört zu den Aufgaben eines Journalisten – insofern könnte man davon sprechen, dass das Wochenende ein echt hartes war; mit einer Suppe, so rein wie der blaue Himmel über dem Jadebusen. Organisation top, Essen top, Atmosphäre top. Nichts anderes hatte man erwartet, nachdem das Festival schon in den vergangenen Jahren durchweg gelobt worden war. Der Unterschied in diesem Jahr: Sogar das Wetter spielte mit. Die Sonne schien, die Möwen kreisten und ganz nebenbei gab es Musik zu hören.

Wenn es überhaupt einen Schwachpunkt gab, dann war es das Line-up. Das konnte nicht mithalten mit der ausgelassen guten Stimmung und dem großartigen Drumherum. Es mangelte an Gute-Laune-Truppen. Klingt irgendwie paradox, und trotzdem: Gerne mal verschrien, wäre eine Band wie The Sounds oder Flogging Molly eine nette Abwechslung gewesen zu den vielen doch eher ruhigeren und/oder pathetischeren Vertretern ihrer Zunft. Nimmt man zum Beispiel Sam Vance-Law, dann merkte man zum einen, dass der Mann für die Musik lebt und zum anderen, dass er ein Anliegen hat. Seine sexuelle Orientierung – Vance-Law ist schwul – thematisierte er ganz offen auf der Bühne. Das war einerseits cool, andererseits überspannte er den Bogen mit einem Titel wie "I Want To Sleep With Myself". Dieser Narzismus, von dem nicht klar ist, wie viel Ironie darin steckt, ist auf einem liberalen Festival in einem liberalen Dorf in einer liberalen Region irgendwie unnötig.

Während Tocotronic als Headliner am Sonntagabend mit dem Abschluss-Set über jeden Zweifel erhaben waren, schieden sich an Haiyti und Fat Freddy's Drop die Geister. Nach Moop Mama und Meute in den Vorjahren war Fat Freddy's Drop schon die dritte Band mit Blechblasinstrumenten in einem hohen Slot – Abwechslung sieht anders aus. Dass beide überhaupt den Status des Headliners hatten, überraschte manchen, würden sie doch bei anderen Festivals eher am Nachmittag auftauchen. Doch beim Watt En Schlick ticken die Uhren anders, was wiederum die Künstler honorieren. Man merkt ihnen an, dass sie hier gerne auftreten, für manche ist es sogar eine Herzensangelegenheit, wie zum Beispiel für Käptn Peng. Merkwürdig kühl wirkte da das Set von Joan As Police Woman, obwohl sie den Slot vor dem Headliner spielte, goldener Sonnenuntergang über dem Meer inklusive. Noch so ein Fall, bei dem man sich fragte, ob da nicht besser eine etwas fröhlichere Band aufgetreten wäre.


Juse Ju // Foto-Credit: Mischa Karth

Wie es geht, zeigten Parcels am Sonnabend. Ihnen war die Freude anzumerken, was wiederum das Publikum freute. Das Sonnenlicht brach sich im Glitzervorhang und in den Retro-Klamotten der Australier, die bereits das zweite Mal das Watt En Schlick beehrten. Und gerne ein weiteres Mal kommen dürfen. Andere Stammgäste blieben diesmal fern: Rocko Schamoni, Heinz Strunk und Jacques Palminger waren 2018 leider nicht dabei. Richtig gute Lesungen gibt es trotzdem. Zum Beispiel mit $ick. Der Grimme-Online-Award-Gewinner berichtete kurzweilig und humorvoll über seine krimininelle Drogenvergangenheit. Dass er dabei ziemlich dick auftrug, tat der Sache keinen Abbruch.

Lobend erwähnt sei noch Juse Ju mit einem tollen Set auf der Palette. Flowin Immo war natürlich auch mit von der Partie, bastelte unter anderem spontan krachende Beats auf das Wörtchen "Bier" – bitte mehr davon! Angesichts des sehr starken Absatzes an Tickets unmittelbar nach Ende des Festivals – nach zwei Tagen waren bereits 4000 Karten weg – honorierten die Besucher einmal mehr das Gesamtpaket "Watt En Schlick", auch trotz des bislang schwächsten Line-up. Auf das nächste Jahr darf man entsprechend gespannt sein.


Foto-Credit: Mischa Karth

Mischa Karth

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