Festival-Nachbericht

Sankt Hell 2017


Für manche ist das Sankt Hell einfach die lauteste Bart-Convention Hamburgs – für alle Anwesenden sind es bereits zum dritten Mal zwei liebevoll zusammengepickte Abende zwischen Doom und Classic Rock.

Wären die Herr-der-Ringe-Filme noch nicht gedreht, Peter Jackson hätte die Komparsen für eine komplette Zwergenarmee im Grünspan finden können. Wieder einmal deckt das Sankt Hell Festival nämlich perfekt das musikalische Beuteschema bulliger, bärtiger Männer ab: Metal und härtere Rockmusik in tiefen Tonlagen und ohne Pomp oder Pathos – und das an zwei dennoch grundverschiedenen Tagen.

Wie sehr alleine schon Temperaturunterschiede ein Festival beeinflussen können: Kaum zeigt das Thermometer am zweiten Tag fünf Grad weniger an, wird der kleine Raucherbereich des Foyers voller und die Garderobenschlange länger – zum Unwesen beispielsweise jener, die sich bereits früh bei den niederländischen Dool bewusst machen wollen, dass auch eine Mixtur aus trägem Doom und Classic Rock funktionieren kann. Doch trotz der ausladenden Witterung ist das Grünspan zu diesem Zeitpunkt bereits gut gefüllt, da der Tag nicht im Schatten eines der Szene bereits entwachsenen Headliners steht: Viele scheinen den stockdunklen Doom-Metal Mantars, der mit einer "bunten Tüte Hass im Gepäck" anreiste, den groovigen Instrumental-Stoner von Karma To Burn und den Wüstenrock der Picturebooks als Gesamtpaket wahrzunehmen und deswegen bereits früh anzureisen.

Apropos Picturebooks: Über deren Livequalitäten haben wir unlängst berichtet; mit ihrem Herzblut, das sie nicht nur in die Show, sondern auch in die Danksagungen für die fast 180. Show des Jahres 2017 stecken, stehen sie zudem im krassen Gegensatz zu Kadavar, dem bereits mit dem Mainstream liebäugelnden Headliner des Vortages: Die lassen sich am besten mit dem Wort "souverän" beschreiben, das natürlich nach Belieben positiv wie negativ konnotiert werden kann; die Windmaschine, die Mähne und Bart des Drummers ununterbrochen zum Wallen bringen, hätte aber wohl wirklich nicht sein müssen. Die Berliner Retro-Rocker schienen für so manchen das ausschließliche Zugpferd am ersten Tag des Festivals gewesen zu sein – persönliches Pech für denjenigen, der deswegen den keyboardlastigen Bluesrock von DeWolff oder den Kraut von Coogans Bluff verpasste. Die setzten mit einem zwanzigminütigen Epos, das immerhin die Hälfte ihrer Spielzeit ausfüllte, schon zu früher Stunde das erste Highlight eines Festivals, das gerade in der sonst ereignisarmen Zeit zwischen den Jahren mal wieder Gold wert war. Aber davon haben Zwerge ja Gott sei Dank genug.

Jan Martens

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