Festival-Nachbericht
Reeperbahn Festival 2019
Dagobert hat's gut. Und zwar nicht, weil er ? trotz eines gleich zu Beginn durchbrennenden Basskabels, das eine unfreiwillig intensive ?Nebelshow? verursacht ? im Terrace Hill die vielleicht geilste Schlagershow der Reeperbahnfestivalgeschichte inklusive Kostümwechseln abliefern kann. Sondern, weil er tatsächlich ganz ohne Ironie die refraingewordene Entschuldigung äußern kann: ?Ich bin zu jung.?
Dass man selbst sich ganz und gar nicht mehr zu jung fühlt, zeigt sich dieses Jahr nicht nur, wenn man den Erfolg (und Reiz) von Rappern wie Bausa nicht mehr versteht, der auf der kurzfristig freigewordenen Headlinerposition im Docks die Foals vertreten darf. Man merkt es auch, wenn man im Gegenzug die Anziehungskraft von Sebadoh und ihrem auch heute noch angenehm fest in den 90ern verankerten Indierock deutlich überschätzt. Die nehmen die halbleeren Reihen im Uebel & Gefährlich jedoch mit Humor und liefern trotzdem überzeugend ab, etwas im Gegensatz zu Stars, denen es einfach nicht gut steht, ihre zerbrechlichen Popstücke live zu Rocksongs machen zu wollen. Dass man sich erinnern kann, dass bei deren erstem RBF-Auftritt anno 2007 auch schon gedacht zu haben ? noch ein Beleg für die These.
Innerlich frisch geblieben fühlt man sich aber dann doch wieder, wenn man es immer noch schafft, vorgefertigte Pläne über den Haufen zu werfen und sich überraschen zu lassen: Und das nicht nur vom klassisch aufspielenden Kaiser Quartett, sondern auch von den jungen Screenshots, die sich mit ihrem an Isolation Berlin erinnernden Diskursrock euphorischer einen abschrabbeln als ein 13-jähriger, der zum ersten Mal die Existenz von PornHub entdeckt hat. Da hat man sie dann wieder: Diese zufällig entdeckten Next Big Things, für die man immer wieder zum Reeperbahn Festival geht. Und falls nun jemand bemerkt hat, dass sich in diesem Bericht alle Konzertberichte auf den Bunker in der Feldstraße beschränkt haben ? es können eben auch, was die Attraktivität von Fußmärschen angeht, nicht immer alle so junggeblieben wie Dagobert sein.
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