Festival-Nachbericht

Reeperbahn Festival 2018


Zuviele Lichtblicke, um sich in den Schatten stellen zu lassen: Trotz populärer Überraschungen bleibt das Reeperbahn Festival auch 2018 vorrangig eine Sause für Entdecker.

Okay, Reeperbahn Festival, Chapeau. Wochenlang mit Fisch-Wortspielen und -Bannern kokettieren, um scheinbar Hinweise auf den Secret Act der Warner Club Night im Docks zu geben – um dann heimlich keine Punkband aus Mecklenburg-Vorpommern, sondern eine der größten Stadionbands unsere Zeit anzukündigen. Kein Wunder, wenn dann so mancher dem Entdeckergeist des Festivals den Mittelfinger zeigt, sich auch von stilistisch komplett konträrem Vorprogramm (Hamburger Hip Hop von Disarstar und dem australischen Sheeran-Klon Matt Gresham) nicht abschrecken lässt und sich – im Falle mancher französischer Fans – schon ab zehn Uhr morgens beim Schlangestehen in der asketischen Disziplin übt, Körperfunktionen für einen Tag komplett einzustellen.

Dabei muss man nicht einmal über den heimischen Tellerrand hinaus blicken, um spannende Alternativen zu finden: So schielt der Punk von Vizediktator auch schon heimlich auf die großen Bühnen, Florian Sievers' Indie-Projekt Das Paradies lässt vor allem die Herzen all jener funkeln, denen Francesco Wilking noch nicht genügend Projekte hat und Keele und Brett spielen mit Euphorie und Demut ihren Heimvorteil aus. Wenn in Deutschland sonst schon alles schief läuft – wenigstens der musikalische Nachwuchs gedeiht.

Aber was wäre das Reeperbahn Festival schließlich ohne die komplett ungeplanten Neuentdeckungen: Da kann schon der faule Vorsatz, im Knust ein Viertelstündchen Zuflucht vor dem Wind zu suchen, zu einer kurzfristigen Umgestaltung des unmittelbaren Programms führen, wenn die norwegischen Pom Poko einem eine wilde Mischung aus Math Rock und K-Pop um die Ohren hauen. Für solche Momente lebt das Festival dann eben doch mehr als für Auftritte einzelner Stadionbands. Aber wer weiß – vielleicht zieht, wer dieses Jahr noch in Indra oder Moondoo spielte, in fünf Jahren schon selber straßenlange Menschenschlangen vor das Docks.

Jan Martens

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