Rezension

Wanda

Ciao!


Highlights: Ciao Baby // Nach Hause Gehen
Genre: Austro-Pop // Rock
Sounds Like: Bilderbuch // Voodoo Jürgens // Faber

VÖ: 06.09.2019

Die „vielleicht letzte wichtige Rock’n’Roll-Band unserer Generation“, so schrieb einst der „Musikexpress“ über Wanda. Große Worte, die zumindest zu dem öffentlichen Auftreten der Österreicher passen. Fleißig, darauf lässt sich einigen, sind sie allemal, denn mit „Ciao!“ legen sie innerhalb von fünf Jahren bereits ihr viertes Album vor.

Mit „Amore“ fing alles an und auch der (Titel-)Song und Opener „Ciao Baby“ hält den Italien-Bezug aufrecht und bringt den gewohnten Schwung mit, dem die fünf Wiener ihren rasanten Aufstieg verdanken, der sich auf dem neuesten Werk dann jedoch rasch verliert.

An der Stelle von blankem Hedonismus und maskulinem Machotum findet man heute auch zögerliche Töne. Sang Marco Michael Wanda, wie er sich selber nennt, früher noch: „Nimm’ sie, wenn du glaubst, dass du’s brauchst“ (im gleichnamigen Track auf dem Zweitwerk „Bussi“), so zeigt er sich heute in „Das Erste An Was Ich Denk“ verletzlich: „Leider bist du das Einzige, was ich hab’“. In „Ein Schneller Tod“ gesteht er sich das Ende einer gescheiterten Beziehung ein: „Mein Baby weiß so viel von mir … und ich weiß gerad’ genug von ihr, um zu verstehen, dass das nichts wird. Am Schönsten wär’ ein schneller Tod“. Zuletzt offenbaren sich in „Zu Wem Oder Was“ gar große Sinnkrisen des einstigen Verfechters von Sex, Drugs & Rock’n’Roll: „Zu wem oder was komm’ ich nach Hause … für wen mach ich das?“.

Werden Wanda nun also erwachsen oder lässt der Zeitgeist 2019 einfach nicht mehr die Freizügigkeiten zu, die man sich 2014 noch nahm? Nun, betrachtet man die Platte im Gesamten, so stehen der neuen Nachdenklichkeit des Sängers textlich überwiegend Belanglosigkeiten zur Seite („Und alle, die mir zuhören, tun das Einzige, was man tun kann“ in „Nix Reparieren“), die eher verwirren als amüsieren und zu keinem Zeitpunkt den Sprachwitz des frühen Schaffens der Band erreichen. Passend dazu verlässt man musikalisch selten das mittlerweile gewohnte Schema des Midtempo-Rocksongs – mit viel Wohlwollen wird hier und da die atmosphärische Nähe zu den Beatles gesucht. An manchen Stellen klingen Lieder gar wie Kopien bereits vorhandenen Materials, etwa „Ein Komischer Traum“, der an einen alten Bekannten erinnert. Die ernüchternde Antwort auf die oben angeklungene Frage könnte daher schlichtweg Mangel an frischen Ideen lauten.

Lediglich die sonnigen, nach mediterraner Riviera klingenden Synthies der Single „Nach Hause Gehen“ stechen heraus. Sie liefern auf „Ciao!“ tatsächlich die einzige dringend benötigte Abwechslung. Erinnert man sich an das auf dem Vorgängerwerk „Niente“ bereits klanglich sich positiv abhebende „0043“, mag man den Herren fast wünschen, mit ihrer Italien-Affinität Ernst zu machen und schleunigst ein Italo-Pop-Album aufzunehmen. Marco Wanda, der inbrünstig wie eine Gianna Nannini Hymnen schmettert – wär das nicht mal was?

So wird es unter dem Strich allerdings langsam fad um Wanda. „Ciao!“ mäandert zwischen halbmotivierten Ambitionen und lauwarmem Aufguss und bietet so nur noch für die eingefleischtesten Fans Unterhaltung.

Jonatan Biskamp

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